Zum 01. März 2024 ist das Gesetz zur Änderung des Lobbyregistergesetzes in Kraft getreten. Seitdem müssen Interessenvertretungen zum einen die konkreten Vorhaben angeben, auf die sie Einfluss nehmen möchten, zum anderen müssen auch Ziel und Inhalt der Einflussnahme im Lobbyregister hinterlegt werden. Und die dritte gute Nachricht: Mittlerweile werden die Daten des Lobbyregisters auch maschinenlesbar zur Verfügung gestellt (da ist noch Luft nach oben, aber wir nehmen das erstmal so).
Bis zum Juni 2024 gab es eine Übergangsphase, in der den Interessenvertretungen Zeit gegeben wurde, ihre Daten nachzupflegen. Laut dem ersten Bericht ist das Lobbyregister nun up-to-date mit den neuen gesetzlichen Vorgaben. Historische Daten mussten dabei nicht erfasst werden – auf welche konkreten Gesetzesvorhaben vor März ’24 Einfluss genommen werden sollte, ist also nicht bekannt.
Doch auch ein Blick in die Vorhaben der vergangenen 12 Monate lohnt sich bereits. Insgesamt befinden sich 308 Vorhaben im Bundestagszusammenfasser, die seit dem 01.03.2024 eingegangen sind oder aktualisiert wurden, zum Zeitpunkt des Inkrafttreten also noch nicht abgeschlossen waren. Für etwas mehr als die Hälfte (57%) finden sich Einträge im Lobbyregister.
Die 10 Vorhaben mit den meisten Einträgen (Platz 8 wird dich nicht überraschen!)
Komplette Liste mit weiteren Daten als JSON | XML | CSV
Dass Gesetze wie das Jahressteuergesetz oder das Bürokratieentlastungsgesetz in den TOP 10 erscheinen, ist nicht überraschend. Beides sind umfangreiche Vorhaben mit sehr vielen Einzelmaßnahmen aus den unterschiedlichsten Bereichen – logischerweise interessiert das also auch sehr viele unterschiedliche Interessenvertretungen.
Auch Vorhaben wie das KRITIS-Dachgesetz, die NIS2-Richtlinie und die CSRD-Richtlinie waren zu erwarten. Von allen drei Vorhaben sind ebenfalls sehr viele und sehr unterschiedliche Branchen und Unternehmen betroffen, die das Gesetzgebungsverfahren in ihrem Sinne beeinflussen möchten. Dass allerdings gleich drei Vorhaben aus dem Bereich Gesundheit unter den ersten zehn sind, fällt dann schon ins Auge.
Medizinforschungsgesetz: Expectation vs. Reality
Bei einem davon, dem Medizinforschungsgesetz, sind im letzten Jahr auch Hinweise auf eine andere Art der Interessenvertretung öffentlich geworden: Es stand der Verdacht im Raum, das der US-Pharmahersteller Eli Lilly in diesem Gesetz die Einführung von geheimen Erstattungspreis durchgesetzt habe. Eine Regelung, die nach Ansicht der Krankenversicherungen und vieler Gesundheitsexpert:innen zu Preissteigerungen für die Patient:innen führen könnte und eigentlich nur den Herstellern nutzt. Interne Unterlagen aus dem Gesundheitsministerium legten einen Zusammenhang zwischen der Einführung der Geheimpreise und dem Bau eines neuen Werks in Rheinland-Pfalz nahe. Übrigens ein weiteres Beispiel für interne Unterlagen, die dank Informationsfreiheitsgesetz an die Öffentlichkeit gelangt sind. Aber das nur nebenbei.
Die Lilly Deutschland GmbH – die deutsche Dependance des US-Konzerns – hat ihre Interessenvertretung immerhin ordnungsgemäß im Lobbyregister eingetragen…

… gut, diesen Part haben sie dabei wohl einfach nur vergessen:

BMG, are you ok?
Das Gesundheitsministerium verzeichnet ohnehin eine interessante Klumpenbildung, was die Lobbyregistereinträge angeht. Das Ministerium von SPD-Minister Karl Lauterbach hatte seit März 2024 nur 13 Gesetzesvorhaben in der parlamentarischen Beratung – zu diesen finden sich aber über 700 Einträge im Lobbyregister. Damit kommt das BMG auf durchschnittlich 54 Einträge pro Vorhaben. Der Durchschnitt liegt bei 16.

Mit einigem Abstand auf Platz 2 liegt das Wirtschaftsministerium mit knapp 500 Einträgen, allerdings bei doppelt so vielen Vorhaben. Die 37 Vorhaben des Justizministeriums haben hingegen kein großes Interesse der Vertreter:innen geweckt, für diese gibt es gerade einmal 433 Einträge im Register.
Von den Gesetzentwürfen der Oppositionsfraktionen lösten nur die Entwürfe der CDU/CSU Lobbyaktivitäten aus, hier fördert die Suche bei 18 Entwürfen immerhin insgesamt 26 Einträge zu Tage. Vermutlich rechneten die Lobbyist:innen schon damit, dass diese Entwürfe von der nächsten Bundesregierung weitergeführt werden könnten.
Die komplette Liste der ausgewerteten Vorhaben gibt es hier als JSON | XML | CSV