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Beschleunigung von Verwaltungsgerichtsverfahren im Infrastrukturbereich

Das Gesetz wurde im Bundesgesetzblatt verkündet, das Gesetzgebungsverfahren ist abgeschlossen.
Basics
Offizieller Titel:Gesetz zur Beschleunigung von verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Infrastrukturbereich
Initiator:Bundesministerium für Justiz
Status:Im Gesetzblatt verkündet (zum Gesetzblatt)
Letzte Änderung:20.03.2023
Drucksache:20/5165 (PDF-Download)
Beschlussempfehlung:20/5570 (PDF-Download)
Gesetztyp:Einspruchsgesetz
Beschluss des Bundesrats:Zugestimmt
Trojanercheck:
Zusammenfassung

Diese Zusammenfassung wurde mit GPT4 auf Basis des Gesetzentwurfs erstellt.

Basisinformationen 
Das wesentliche Ziel des Gesetzentwurfs ist es, die Verfahrensdauer für verwaltungsgerichtliche Verfahren im Bereich besonders bedeutsamer Infrastrukturvorhaben zu reduzieren, ohne die Effektivität des Rechtsschutzes zu beeinflussen. Dies soll unter anderem durch die Einführung eines Vorrang- und Beschleunigungsgebots, Erörterungstermine in einem frühen Verfahrensstadium, innerprozessuale Präklusion und Modifikationen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erreicht werden. Dadurch sollen entsprechende Vorhaben, vor allem hinsichtlich der Energiewende und des Ausbaus der verkehrlichen Infrastruktur, schneller umgesetzt werden können. Federführend zuständig für den Entwurf ist das Bundesministerium der Justiz. 
 
Hintergrund 
Als Hintergrundinformation ist zu entnehmen, dass lange Verfahrensdauern aufgrund der Komplexität und rechtlichen wie tatsächlichen Schwierigkeiten bestehen. Die Beschleunigung ist im Kontext der angestrebten Energiewende und für den erforderlichen Ausbau und Erneuerung der verkehrlichen Infrastruktur dringlich. 
 
Kosten 
Für den Bundeshaushalt und die Länder entstehen keine nennenswerten Mehrbelastungen durch den Gesetzentwurf. Etwaige Mehrbedarfe bei den Oberverwaltungsgerichten bzw. Verwaltungsgerichtshöfen sollen durch Minderbedarfe bei den Verwaltungsgerichten ausgeglichen werden. Einnahmen werden nicht erwartet, und eine genaue Bezifferung eines eventuellen Mehrbedarfs im Justizhaushalt ist aufgrund ungewisser zukünftiger Verfahren nicht möglich. 
 
Inkrafttreten 
Keine Angaben. 
 
Sonstiges 
Der Gesetzentwurf beinhaltet auch gewisse Modifikationen der energiewirtschaftlichen Fachgesetze und des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes. Er ist nicht als eilbedürftig im Text gekennzeichnet. Eine Evaluierung der vorgesehenen Änderungen ist gemeinsam mit denen aus dem Gesetz zur Beschleunigung von Investitionen geplant. Es sind keine zusätzlichen Erfüllungsaufwände für Bürgerinnen und Bürger, die Wirtschaft oder die Verwaltung angegeben. Weitere messbare Aufwandsänderungen für die Gerichte oder sonstige Kosten sind nicht zu erwarten. Der Gesetzentwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen vereinbar und trägt zu verschiedenen Nachhaltigkeitszielen bei. Eine Befristung der Regelungen ist nicht vorgesehen. 
 
Maßnahmen 
Die wesentlichen Maßnahmen des Gesetzentwurfs lauten zusammengefasst: 
 
1. Schließung einer Lücke bei der Zuständigkeit für Windenergieanlagen auf See im Küstenmeer. 
2. Erweiterung der Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts für bestimmte Infrastrukturprojekte, wie verflüssigtes Erdgas (LNG) und Entscheidungen von überragendem öffentlichem Interesse nach dem Energiesicherungsgesetz. 
3. Schaffung eines Vorrang- und Beschleunigungsgebots für verwaltungsgerichtliche Verfahren, die besonders bedeutsame Infrastrukturprojekte betreffen. 
4. Einführung eines Vorzugs für die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nur bei drohenden irreversiblen Nachteilen. 
5. Neuregelungen zur Anordnung der aufschiebenden Wirkung unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses. 
6. Anpassungen im Bereich des einstweiligen Rechtsschutzes und die Möglichkeit, Mängel des angefochtenen Verwaltungsaktes zu ignorieren, wenn diese in absehbarer Zeit behoben werden können. 
7. Straffung der Verfahren durch Verschärfung der Regeln für neues Sachvortragen (Präklusion). 
8. Erweiterung der Möglichkeiten zur Durchführung von Erörterungsterminen mit dem Ziel, frühzeitig Verfahren inhaltlich zu steuern und Verfahrenspläne aufzustellen. 
9. Spezialregelung des § 188b VwGO, die die Bildung spezialisierter Planungsspruchkörper bei den Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichten festlegt. 
10. Einige Änderungen in den energiewirtschaftlichen Fachgesetzen und im Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz werden vorgenommen. 
 
Stellungnahmen 
In der Stellungnahme des Normenkontrollrats wird der Gesetzentwurf grundsätzlich begrüßt, die Kosteneinschätzung der Bundesregierung als nachvollziehbar und methodengerecht eingestuft und keine Einwendungen erhoben. Allerdings wird kritisiert, dass Alternativen zu den Lösungsmöglichkeiten nicht ausreichend im Entwurf adressiert sind, wie dies etwa durch den Deutschen Anwaltverein vorgeschlagen wurde. 
 
Die Stellungnahme des Bundesrates umfasst mehrere Punkte. Die vorgeschlagenen Änderungen betreffen unter anderem die Formulierungen im Gesetzentwurf zur Klarstellung und Vermeidung von Auslegungsproblemen sowie das Vorschlagen der Streichung bestimmter Absätze. Grundsätzlich wird die Idee der innerprozessualen Präklusion als Soll-Vorschrift favorisiert, um dem Gericht Ermessensspielräume zu lassen. 
 
Die Gegenäußerung der Bundesregierung lehnt die meisten Änderungsvorschläge des Bundesrates ab. Sie hält an ihrem Entwurf fest, unter anderem mit der Begründung, dass die bestehenden Regelungen im Entwurf ausreichend Flexibilität für die Gerichte bieten oder dass es sich bei den Regelungen zu Erörterungsterminen ohnehin um Soll-Vorschriften handelt. Auch bei der Frage des Inkrafttretens sieht die Bundesregierung kein Erfordernis, den Vorschlag des Bundesrates zu übernehmen.

Informationen aus dem Ministerium
Datum erster Entwurf:
Datum Kabinettsbeschluss:
Weiterführende Informationen:Vorhabenseite des Ministeriums
Beratungsverlauf im Bundestag
Eingang im Bundestag:10.01.2023
Erste Beratung:19.01.2023
Abstimmung:10.02.2023
Drucksache:20/5165 (PDF-Download)
Beschlussempfehlung:20/5570 (PDF-Download)
Plenarsitzungen:Aufzeichnungen und Dokumente
Anhörung der Sachverständigen

Diese Zusammenfassung wurde mit GPT4 auf Basis des Artikels auf bundestag.de erstellt.

Die Anhörung fand am 23.01.2023 im Ausschuss für Recht statt.

Die öffentliche Anhörung im Rechtsausschuss des Bundestages zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Beschleunigung von verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Infrastrukturbereich hat stattgefunden und stieß auf breite Ablehnung der meisten Sachverständigen. 
 
Robert Seegmüller, Richter am Bundesverwaltungsgericht und Vorsitzender des Bundes Deutscher Verwaltungsrichter und Verwaltungsrichterinnen, sieht kaum Beschleunigungsmöglichkeiten im verwaltungsgerichtlichen Verfahren und hält die vorgeschlagenen Änderungen, abgesehen von der Instanzenweg-Verkürzung, für kaum wirkungsvoll. 
 
Ulrike Bick, Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht, kritisiert, dass der Gesetzentwurf die wahren Gründe für die Langwierigkeit von Infrastrukturprojekten ignoriert und fordert stattdessen eine bessere personelle Ausstattung der Gerichte. 
 
Peter Wysk, ehemaliger Richter am Bundesverwaltungsgericht, äußert, dass verwaltungsgerichtliche Verfahren generell nicht optimal für die Beschleunigung umweltrelevanter Vorhaben sind, und sieht angesichts der geltenden EU- und Völkerrechtsnormen wenig Spielraum für prozessuale Beschleunigungen. 
 
Fabian Scheffczyk, Richter am Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht, ist skeptisch, ob die vorgeschlagenen Regelungen die gewünschten Beschleunigungseffekte erzielen können und warnt vor einer potenziellen Verzögerung, falls nicht in bestimmten Aspekten nachgesteuert wird. 
 
Franziska Heß, Rechtsanwältin und stellvertretende Vorsitzende des BUND Landesverband Sachsen, lehnt den Gesetzentwurf kategorisch ab und betrachtet die geplanten Regelungen als schädlich. 
 
Ines Zenke, Rechtsanwältin, sieht in den geplanten Regelungen zur innerprozessualen Präklusion und Priorisierung positive Aspekte und plädiert für die Umsetzung des Entwurfs. 
 
Sachverständige, die sich zur geplanten Einführung einer präklusionsbewehrten Klageerwiderungsfrist geäußert haben, darunter Seegmüller, Heß, Remo Klinger und Philipp Schulte, sind geteilter Meinung. Während Seegmüller die Regelung als praxisfern kritisiert, sehen andere wie Heß und Schulte hier einen Weg, den Prozess effizienter zu gestalten, vorausgesetzt, die Regelung gilt auch für Beigeladene. 
 
Die neuen Vorschriften zum Eilrechtsschutz wurden ebenso kontrovers diskutiert. Bettina Schöndorf-Haubold, Rechtswissenschaftlerin, befürwortet die Regelungen mit der Anmerkung, dass Kosten für die Anstoßung einer Verwaltungsakt-Heilung nicht auf den Kläger umgelegt werden dürfen. Demgegenüber steht die Kritik von Klinger und Heß, die europarechtliche Bedenken äußern und einen geringen Anwendungsbereich der Regelung sehen. 
 
Winfried Kluth, Rechtswissenschaftler, sieht keine rechtlichen Einwände gegen die Neuregelungen, bezweifelt aber einen spürbaren Beschleunigungseffekt. 
 
Insgesamt werden die Bemühungen um eine Verfahrensbeschleunigung kritisch gesehen, und es herrscht ein Bedarf an Nachbesserungen und alternativen Lösungen, insbesondere bei der personellen Ausstattung von Gerichten.

Beschlussempfehlung
Zusammenfassung der Beschlussempfehlung

Diese Zusammenfassung wurde mit GPT4 auf Basis des Textes des Beschlussempfehlung erstellt.

Beratungsverlauf 
Der Rechtsausschuss (6. Ausschuss) hat die Beschlussempfehlung beschlossen. Mitberaten haben der Verkehrsausschuss, der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz, der Ausschuss für Digitales, der Ausschuss für Klimaschutz und Energie sowie der Ausschuss für Tourismus. 
 
Beschlussempfehlung 
Die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses lautet, den Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksache 20/5165 - in geänderter Fassung anzunehmen, mit den Stimmen der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und DIE LINKE, gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und AfD. Zusätzlich gibt es einen Entschließungsantrag, der ebenfalls mit den Stimmen der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und DIE LINKE gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und AfD angenommen wurde. Dieser Entschließungsantrag legt fest, dass die Beschleunigung von Infrastrukturvorhaben notwendig ist und fordert die Bundesregierung auf, verschiedene Aspekte zu prüfen, beispielsweise erstinstanzliche Zuständigkeiten der Oberverwaltungsgerichte und des Bundesverwaltungsgerichts zu bündeln, einen einheitlichen zweistufigen Instanzenzug für alle Planfeststellungsverfahren zu prüfen und weitere Maßnahmen zur Verfahrensbeschleunigung zu evaluieren. 
 
Änderungen 
Ja, in den Gesetzentwurf wurden Änderungen eingefügt. Beispielsweise wird einem Senat am Oberverwaltungsgericht oder Verwaltungsgerichtshof bzw. Bundesverwaltungsgericht unter bestimmten Voraussetzungen die Übertragung eines Rechtsstreits zur Entscheidung auf einen Einzelrichter bzw. die Entscheidung in einer Besetzung von drei Richtern ermöglicht. Weitere Änderungen betreffen Soll-Regelungen verschiedener Normen und die Kosten im Eilrechtsschutz. Die Änderungen beziehen sich auf den ursprünglichen Gesetzentwurf und auf energiewirtschaftliche Fachgesetze sowie das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG), es liegt kein Trojaner vor. 
 
Begründung 
Die Begründung der Beschlussempfehlung und Änderungen beinhaltet unter anderem, dass die beschriebenen Normen eine Beschleunigung der verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Infrastrukturbereich ermöglichen und die Gerichte Entscheidungen bei offensichtlich in absehbarer Zeit behobenen Mängeln eines angefochtenen Verwaltungsaktes treffen können. Sprachliche Präzisierungen und Anpassungen nach Anhörungen sind ebenfalls Teil der Begründung. 
 
Statements der Fraktionen 
Keine Angaben.

Beratungsverlauf im Bundesrat
Gesetztyp:Einspruchsgesetz
Drucksache:640/22
Eingang im Bundesrat:01.12.2022
Erster Durchgang:16.12.2022
Abstimmung:03.03.2023
Beschluss des Bundesrats:Zugestimmt