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Kostenheranziehung in der Kinder- und Jugendhilfe

Das Gesetz wurde im Bundesgesetzblatt verkündet, das Gesetzgebungsverfahren ist abgeschlossen.
Basics
Offizieller Titel:Gesetz zur Abschaffung der Kostenheranziehung von jungen Menschen in der Kinder- und Jugendhilfe
Initiator:Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Status:Im Gesetzblatt verkündet (zum Gesetzblatt)
Letzte Änderung:28.12.2022
Drucksache:20/3439 (PDF-Download)
Beschlussempfehlung:20/4371 (PDF-Download)
Gesetztyp:Zustimmungsgesetz
Beschluss des Bundesrats:Zugestimmt
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Zusammenfassung

Diese Zusammenfassung wurde mit GPT4 auf Basis des Gesetzentwurfs erstellt.

Basisinformationen 
Das wesentliche Ziel des Gesetzentwurfs ist es, die Kostenheranziehung von jungen Menschen, die eine stationäre Leistung der Kinder- und Jugendhilfe erhalten oder alleinerziehend in einer gemeinsamen Wohnform leben, sowie deren Ehegatten oder Lebenspartner abzuschaffen. Das Ziel ist die finanzielle Entlastung und die Unterstützung auf dem Weg in die Selbstständigkeit. Federführend ist das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. 
 
Hintergrund 
Der Hintergrund des Gesetzentwurfs ist die bisherige Praxis, dass junge Menschen und alleinerziehende Mütter oder Väter, die entsprechende Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe in Anspruch nehmen, mit bis zu 25 Prozent ihres Einkommens zu den Kosten herangezogen werden. Dies wird als Widerspruch zum Auftrag der Kinder- und Jugendhilfe angesehen, da es junge Menschen in ihrer Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit und in ihrem Streben nach Selbstständigkeit behindern kann. 
 
Kosten 
Die Abschaffung der Kostenheranziehung führt zu einer Verringerung der Einnahmen der Kommunen um jährlich rund 18,3 Millionen Euro. Bürgerinnen und Bürger werden durch den Wegfall der Kostenheranziehung um den gleichen Betrag entlastet. Der jährliche Verwaltungserfüllungsaufwand für die Kommunen reduziert sich um ca. 559.000 Euro. Angaben zu zusätzlichen Kosten für den Bundeshaushalt oder Einnahmen wurden nicht gemacht. 
 
Inkrafttreten 
Der genaue Zeitpunkt des Inkrafttretens wurde im vorliegenden Text nicht definiert, daher lautet die Antwort: Keine Angaben. 
 
Sonstiges 
Es werden keine Aussagen zur Eilbedürftigkeit des Entwurfs gemacht. Der Entwurf soll zur Verwaltungsvereinfachung und einfacheren Anwendung des Rechts der Kinder- und Jugendhilfe führen. Nach Einschätzung des Gesetzentwurfs trägt die Regelung zur Erreichung verschiedener gesellschaftlicher Ziele bei, wie der Begrenzung von Armut, der Verbesserung von Bildung und Qualifikation sowie der Verhinderung von Ungleichheit. Es werden keine Angaben zu einer Evaluierung oder Befristung des Gesetzes gemacht. 
 
Maßnahmen 
 
- Anpassung des Inhaltsverzeichnisses aufgrund der Änderungen in § 107 und § 108 SGB VIII. 
- Junge Menschen, ihre Ehegatten und Lebenspartner sowie Leistungsberechtigte nach § 19 SGB VIII sollen nicht mehr aus ihrem Einkommen zu den Kosten herangezogen werden; die Regelung für Heranziehung der Elternteile bleibt. 
- Weiterhin möglich ist die Kostenheranziehung der Elternteile und Kinder oder Jugendlichen ohne Abhängigkeit vom Einkommen, speziell durch Einsatz von Geldleistungen mit demselben Zweck oder des Kindergeldes. 
- Die Kostenheranziehung der Leistungsberechtigten nach § 19 SGB VIII entfällt auch hinsichtlich ihres Vermögens. 
- Abschaffung der Nachrangstellung der Kostenbeitragspflicht der Elternteile, was theoretisch zu höherer Kostenheranziehung führen könnte, aber praktisch als unwahrscheinlich betrachtet wird. 
- Regelung eines neuen Rangverhältnisses, bei dem der Kostenbeitrag der Elternteile im Falle der Deckung der tatsächlichen Aufwendungen durch das Kindergeld gekürzt wird. 
- Entfallen der Regelung zur Höhe der Kostenbeiträge aus Einkommen junger Menschen und Leistungsberechtigter, da diese nicht mehr herangezogen werden. 
- Anpassung der Verordnung zur Festsetzung der Kostenbeiträge, die sich nur noch auf die Elternteile bezieht. 
- Anpassungen im Hinblick auf die Überleitung von Ansprüchen gemäß überarbeiteten § 92 Absatz 1a SGB VIII und Entfernung der Ehegatten und Lebenspartner aus dem Kreis der Kostenbeitragspflichtigen. 
- Redaktionelle Anpassungen im § 97a Abs. 1 S. 2 SGB VIII bezüglich der Auskunftspflicht junger Volljähriger und Leistungsberechtigter. 
- Umbenennung des § 107 SGB VIII in § 108 aufgrund bereits erfolgter Einordnung in das SGB VII. 
- Inkrafttreten des Gesetzes zum Jahreswechsel für eine bessere Vorbereitung der Jugendämter. 
 
Stellungnahmen 
 
Der Bundesrat hat zu dem Entwurf Stellung genommen. Hauptaugenmerk der Stellungnahme liegt auf der Heranziehung von Kindergeld und der damit einhergehenden administrativen Belastung sowie den Einnahmeverlusten für Jugendämter. Es wird vorgeschlagen, Änderungen in § 94 Abs. 3 SGB VIII vorzunehmen, um Verwaltungsvereinfachungen zu erreichen und Einnahmeverluste zu verringern. Dies soll durch eine präzisere Regelung des Zeitpunkts ermöglicht werden, ab dem ein Erstattungsanspruch an die Familienkasse gestellt werden kann. Zudem soll die Familienkasse berechtigt sein, in solchen Fällen, Kindergeldzahlungen an den Kostenbeitragspflichtigen anzuhalten. Dadurch soll im Vorgangsprüfungszeitraum der Einnahmeverlust für Jugendämter minimiert werden. Eine Erschwernis des Verwaltungshandelns wird mit den Änderungswünschen nicht verfolgt.

Informationen aus dem Ministerium
Datum erster Entwurf:
Datum Kabinettsbeschluss:
Weiterführende Informationen:Vorhabenseite des Ministeriums
Beratungsverlauf im Bundestag
Eingang im Bundestag:18.09.2022
Erste Beratung:28.09.2022
Abstimmung:10.11.2022
Drucksache:20/3439 (PDF-Download)
Beschlussempfehlung:20/4371 (PDF-Download)
Plenarsitzungen:Aufzeichnungen und Dokumente
Anhörung der Sachverständigen

Diese Zusammenfassung wurde mit GPT4 auf Basis des Artikels auf bundestag.de erstellt.

Die Anhörung fand am 10.10.2022 im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend statt.

Die öffentliche Anhörung des Bundestages befasste sich mit dem Gesetzentwurf zur Abschaffung der Kostenheranziehung von jungen Menschen in der Kinder- und Jugendhilfe. Die Sachverständigen hatten unterschiedliche Meinungen zum Vorhaben. 
 
Maike Brummelman vom Christlichen Jugenddorfwerk Deutschlands (CJD) begrüßte die Abschaffung der Kostenheranziehung als einen Schritt zur gleichberechtigten Teilhabe, betonte jedoch die Notwendigkeit, Benachteiligungen für alle jungen Menschen in der Kinder- und Jugendhilfe abzuschaffen. 
 
Juliane Meinhold vom Paritätischen Gesamtverband stellte fest, dass sich die Lage für junge Menschen, die eine Ausbildung auf dem ersten Arbeitsmarkt machen, verbessern würde, aber sie kritisierte, dass dies nicht für Menschen mit Behinderung oder diejenigen, die eine geförderte Ausbildung über Arbeitsamt/Jobcenter erhalten, gelte. 
 
Sebastian Hainski vom Deutschen Berufsverband für Soziale Arbeit forderte, dass die Möglichkeit, finanzielle Rücklagen zu schaffen, für alle jungen Menschen gelten müsse, und sprach sich für eine Entbürokratisierung aus, damit Hilfe bedingungslos und bedürfnisorientiert ankommt. 
 
Marie Hesse vom Bayerischen Landesjugendamt gab zu bedenken, dass die Abschaffung der Kostenheranziehung zwar eine Verwaltungsvereinfachung bedeutet, aber auch die Notwendigkeit eines zusätzlichen pädagogischen Bedarfs mit sich bringen könnte. 
 
Josef Koch von der Internationalen Gesellschaft für erzieherische Hilfen unterstützte den Gesetzentwurf vollumfänglich und wies auf die Problematik der Bestrafung von Jugendlichen für ihre Unterbringung in der Jugendhilfe hin. 
 
Laurette Rasch vom Verein Careleaver argumentierte gegen die Kostenheranziehung und plädierte dafür, dass diese dem Inklusionsgedanken widerspricht. 
 
Gila Schindler als Fachanwältin für Sozialrecht würdigte den Gesetzentwurf, machte jedoch auf Regelungslücken aufmerksam, besonders im Hinblick auf junge Menschen mit Behinderungen. 
 
Michael Wagner, Jugendamtsleiter in Memmingen, kritisierte die Abschaffung unter dem Gesichtspunkt, dass sie die Verselbständigung junger Menschen erschweren könnte. 
 
Jörg Freese vom Deutschen Landkreistag betonte, dass der 2021 gefundene Kompromiss, die Kostenheranziehung auf 25 Prozent zu senken, als gut und sinnvoll erachtet wird, und gab zu verstehen, dass die komplette Abschaffung überwiegend abgelehnt wird. 
 
Die Argumente bewegen sich zwischen der Unterstützung der Abschaffung als Förderung der Teilhabe und der Sorge, dass die Verselbständigung der Jugendlichen dadurch erschwert würde.

Beratungsverlauf im Bundesrat
Gesetztyp:Zustimmungsgesetz
Drucksache:363/22
Eingang im Bundesrat:05.08.2022
Erster Durchgang:16.09.2022
Abstimmung:16.12.2022
Beschluss des Bundesrats:Zugestimmt