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Einführung eines Chancen-Aufenthaltsrechts

Das Gesetz wurde im Bundesgesetzblatt verkündet, das Gesetzgebungsverfahren ist abgeschlossen.
Basics
Offizieller Titel:Gesetz zur Einführung eines Chancen-Aufenthaltsrechts
Initiator:Bundesministerium für Inneres und Heimat
Status:Im Gesetzblatt verkündet (zum Gesetzblatt)
Letzte Änderung:30.12.2022
Drucksache:20/3717 (PDF-Download)
Beschlussempfehlung:20/4700 (PDF-Download)
Gesetztyp:Einspruchsgesetz
Beschluss des Bundesrats:Zugestimmt
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Zusammenfassung

Diese Zusammenfassung wurde mit GPT4 auf Basis des Gesetzentwurfs erstellt.

Basisinformationen 
Das wesentliche Ziel des Gesetzentwurfs ist es, langjährig geduldeten Ausländern in Deutschland eine aufenthaltsrechtliche Perspektive zu bieten und die Integration in den Arbeitsmarkt sowie die Klärung der Identität zu fördern. Zudem sollen Straftäter und Gefährder konsequenter abgeschoben werden können. Der Entwurf sieht die Einführung eines einjährigen Chancen-Aufenthaltsrechts vor, um die Bedingungen für ein Bleiberecht nach den §§ 25a und 25b AufenthG zu erfüllen. Straftäter sind grundsätzlich von diesem Recht ausgeschlossen. Menschen, die erfolgreich integriert sind und ihren Lebensunterhalt selbst sichern können, sollen schneller rechtssichere Aufenthaltstitel erhalten. Zusätzlich werden Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität Deutschlands als Einwanderungsland für Fachkräfte integriert. Das federführende Ministerium ist das Bundesministerium des Innern und für Heimat. 
 
Hintergrund 
Es gibt eine beträchtliche Zahl geduldeter Ausländer in Deutschland, die bisher keine ausreichende aufenthaltsrechtliche Perspektive hatten. Rechtliche Änderungen der Vergangenheit waren nicht hinreichend, um diese Problematik zu lösen. Hinzu kommt der Fachkräftemangel in Deutschland, welcher durch die Integration von Ausländern, aber auch durch Anreize für die Einwanderung von qualifizierten Fachkräften aus Drittstaaten gemildert werden soll. Die aktuelle Situation in der Ukraine wird ebenfalls als Hintergrundinformation erwähnt. 
 
Kosten 
Für den Bundeshaushalt sind jährliche Mehrkosten von ca. 275,1 Millionen Euro und Mindereinnahmen von 21,25 Millionen Euro zu erwarten. Für Integrationskurse von 2022 bis 2026 fallen zusätzliche Kosten von 436,5 Millionen Euro an. Berufssprachkurse verursachen ca. 2,8 Millionen Euro jährlich. Im SGB II werden Mehrausgaben für Lebensunterstützung von ca. 180 Millionen Euro und für Eingliederungsleistungen von ca. 20 Millionen Euro geschätzt. Weitere Ausgaben entstehen im Elterngeld- und Unterhaltsvorschussgesetz sowie im Bereich Kindergeld. Die Mehrausgaben und -bedarfe sollen von den jeweiligen Ministerien ausgeglichen werden. 
 
Inkrafttreten 
Keine Angaben. 
 
Sonstiges 
Der Gesetzentwurf ist als Reaktion auf die zuvor unzureichenden rechtlichen Bedingungen für in Deutschland langjährig aufhältige Ausländer zu verstehen. Es handelt sich um eine modernisierte Einwanderungspolitik, die auf Integration und die Sicherung des deutschen Fachkräftebedarfs abzielt, während gleichzeitig die Rückführung von Straftätern und Gefährdern verstärkt werden soll. Der § 104c AufenthG-E soll drei Jahre nach Inkrafttreten außer Kraft treten, eine Evaluierung ist laut dem Entwurf nicht vorgesehen. 
 
Maßnahmen: 
- Das neue Chancen-Aufenthaltsrecht (§ 104c AufenthG) wird eingeführt. 
- Anpassung des Ausweisungsschutzes entsprechend § 53 Absatz 3a AufenthG-E und Sicherstellung, dass ausgewiesene Ausländer keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis behalten. 
- Änderungen in § 25a AufenthG, u.a. Heraufsetzung der Altersgrenze auf 27 Jahre und Erstreckung der Erteilungsmöglichkeit einer Aufenthaltserlaubnis auf Inhaber eines Chancen-Aufenthaltsrechts. 
- Ermöglichung der Aufenthaltsgewährung für gut integrierte Jugendliche und junge Volljährige nach § 25a AufenthG bei dreijährigem Aufenthalt in Deutschland und erfolgreichem Schulbesuch. 
- Ausnahmeregelung in Absatz 5 für junge volljährige Inhaber des Chancen-Aufenthaltsrechts zur Erteilung eines Aufenthaltstitels ohne Anwendung von § 60b Absatz 5 AufenthG. 
- Anwendung von § 5 Absatz 1 Nummer 1a AufenthG bei Inhabern des Chancen-Aufenthaltsrechts, die eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a AufenthG beantragen, mit der Regelerteilungsvoraussetzung der geklärten Identität. 
- Einführung der Regelung für eine einjährige Aufenthaltserlaubnis zur Aufenthaltsgewährung bei nachhaltiger Integration und entsprechende Anpassungen. 
- Erweiterung des Integrationskurszugangs für alle Inhaber einer Aufenthaltsgestattung, unabhängig von Einreisedatum und Herkunftsland, und Klarstellung der Teilnahmemöglichkeit für Personen mit einer Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG. 
- Öffnung der berufsbezogenen Deutschsprachförderung für alle Inhaber einer Aufenthaltsgestattung mit Arbeitsmarktzugang. 
- Anpassung der Ausweisungsregelungen für Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte gemäß § 53 Absatz 3a AufenthG und neuer Ausweisungsgrund für generalpräventive Zwecke. 
- Folgeänderungen im Bereich der Abschiebehaft zur Verlängerung des Prognosezeitraums für die Haftanordnung bei bestimmten Straftätern. 
- Befristete Einführung des § 105d AufenthG-E für eine vorübergehende Ermächtigung zur Heilkundeausübung durch Personen mit vorübergehendem Schutz aufgrund der Situation in der Ukraine in Aufnahmeeinrichtungen. 
 
Stellungnahmen: 
Der Normenkontrollrat hat zur Kosteneinschätzung der Bundesregierung Stellung genommen. Er bewertet den Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger, Wirtschaft, und Verwaltung und stellt insbesondere für die Wirtschaft einen jährlichen Mehraufwand fest. Eine Evaluierung dieser Regelung sieht der NKR als erforderlich an, da der Erfüllungsaufwand für die Verwaltung über einer Million Euro liegt und die Regelung von erheblicher politischer Bedeutung ist. Die Bundesregierung hat auf die NKR-Stellungnahme geantwortet und angegeben, dass eine formelle Evaluierung des Chancen-Aufenthaltsrechtes aufgrund der Konzeption als einmalige Stichtagsregelung nicht notwendig sei und erwartet durch den Austausch mit den Ländern regelmäßige Rückmeldungen über die Praxis. 
 
Um den Text über die Stellungnahmen in Fließtext zu fassen, könnte man folgendermaßen vorgehen: 
Der Nationale Normenkontrollrat hat den Gesetzentwurf geprüft und dabei den jährlichen Mehraufwand für Bürgerinnen und Bürger, Wirtschaft und Verwaltung herausgearbeitet. Besonders für die Wirtschaft entsteht ein jährlicher Erfüllungsaufwand von rund 404.000 Euro. Der Normenkontrollrat sieht angesichts des Überschreitens der Millionen-Euro-Schwelle beim Erfüllungsaufwand für die Verwaltung sowie aufgrund der politischen Bedeutung der Neuregelung eine Evaluierung als zwingend an. Die Bundesregierung hingegen hält eine solche Evaluierung für unnötig, da das Chancen-Aufenthaltsrecht als einmalige Stichtagsregelung ausgelegt ist und man daher von regelmäßigen Rückmeldungen während des Implementierungsprozesses ausgeht.

Informationen aus dem Ministerium
Datum erster Entwurf:
Datum Kabinettsbeschluss:
Weiterführende Informationen:Vorhabenseite des Ministeriums
Beratungsverlauf im Bundestag
Eingang im Bundestag:27.09.2022
Erste Beratung:19.10.2022
Abstimmung:02.12.2022
Drucksache:20/3717 (PDF-Download)
Beschlussempfehlung:20/4700 (PDF-Download)
Plenarsitzungen:Aufzeichnungen und Dokumente
Anhörung der Sachverständigen

Diese Zusammenfassung wurde mit GPT4 auf Basis des Artikels auf bundestag.de erstellt.

Die Anhörung fand am 28.11.2022 im Ausschuss für Inneres und Heimat statt.

Die Anhörung im Bundestag hat bereits stattgefunden und mehrere Sachverständige haben ihre Einschätzungen zum geplanten Chancen-Aufenthaltsrecht abgegeben. Hier ist eine Zusammenfassung ihrer Beiträge und Positionen zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung: 
 
Kerstin Becker vom Paritätischen Gesamtverband sieht im Chancen-Aufenthaltsrecht eine positive Einrichtung, bedarf jedoch wesentlicher Korrekturen, wie die Streichung des Stichtags 1. Januar 2022, um Kettenduldungen zu beenden und die Integration der Betroffenen zu fördern. 
 
Anne Courbois vertritt den Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und begrüßt den Gesetzentwurf grundsätzlich, weist aber auf Risiken für Unternehmen bei der Anstellung geduldeter Ausländer hin und sieht Verbesserungsbedarf in der praktischen Umsetzung. 
 
Prof. Andreas Dietz, Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Augsburg, kritisiert den Gesetzentwurf, der die Begünstigten gegenüber anderen Ausländergruppen deutlich bevorzuge, obwohl diese u.a. die Identitätsklärung und den Passbesitz nicht erfüllen würden. 
 
Sophia Eckert von terre des hommes Deutschland stimmt dem Gesetzentwurf grundsätzlich zu, bemängelt jedoch, dass die Entscheidungsspielräume der Ausländerbehörden zu einem uneinheitlichen Vorgehen führen könnten. 
 
Kristian Garthus-Niegel vom Sächsischen Flüchtlingsrat unterstützt den Antrag der Fraktion Die Linke, der für eine stichtagsunabhängige Regelung zur Beendigung von Kettenduldungen und Erleichterungen beim Übergang in ein dauerhaftes Bleiberecht plädiert. 
 
Holger Kolb vom Sachverständigenrat für Integration und Migration hebt hervor, dass die Regelung der langfristigen Aufenthaltsmöglichkeit für Flüchtlinge seit 2015/2016 die Asylverfahrensergebnisse nicht dauerhaft relativiert, da ein Ablaufdatum vorgesehen ist. 
 
Klaus Ritgen vom Deutschen Landkreistag lehnt das Chancen-Aufenthaltsrecht ab, sieht keinen Bedarf für weitere Bleiberechtsregelungen und befürchtet eine Ermutigung zu illegaler Einreise oder zur Nichteinhaltung der Ausreisepflicht. 
 
Daniela Schneckenburger vertritt den Deutschen Städtetag und betont die starke Belastung der kommunalen Ausländerbehörden, fordert eine Vorbereitungszeit vor Inkrafttreten des Gesetzes. 
 
Axel Ströhlein, Präsident des Bayerischen Landesamtes für Asyl und Rückführungen, kritisiert, dass das Chancen-Aufenthaltsrecht Personen inkludiert, denen der Schutzstatus verwehrt wurde, und dass dies das Asylrecht aushöhlen könnte. 
 
Prof. Daniel Thym von der Universität Konstanz sieht im Gesetzentwurf einen Zielkonflikt zwischen Integration und Migrationssteuerung, den die Stichtagsregelung besser austariere als dauerhafte Legalisierungsmöglichkeiten. 
 
Barbara Weiser vom Caritasverband für die Diözese Osnabrück unterstützt das Chancen-Aufenthaltsrecht, weist aber auf notwendige Änderungen hin, um Kettenduldungen effektiv zu beenden und Betroffenen eine Chance auf dauerhaften Aufenthalt zu geben. 
 
Philipp Wittmann, Richter am Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, äußert Bedenken, ob die gesetzlichen Änderungen tatsächlich zu Verbesserungen bei Kettenduldungen und der Beschleunigung von Asylverfahren führen werden.

Beratungsverlauf im Bundesrat
Gesetztyp:Einspruchsgesetz
Drucksache:367/22
Eingang im Bundesrat:05.08.2022
Erster Durchgang:16.09.2022
Abstimmung:16.12.2022
Beschluss des Bundesrats:Zugestimmt