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3. Änderung personenstandsrechtlicher Vorschriften

Das Gesetz wurde im Bundesgesetzblatt verkündet, das Gesetzgebungsverfahren ist abgeschlossen.
Basics
Offizieller Titel:Drittes Gesetz zur Änderung personenstandsrechtlicher Vorschriften
Initiator:Bundesministerium für Inneres und Heimat
Status:Im Gesetzblatt verkündet (zum Gesetzblatt)
Letzte Änderung:25.10.2022
Drucksache:20/2294 (PDF-Download)
Beschlussempfehlung:20/3719 (PDF-Download)
Gesetztyp:Einspruchsgesetz
Beschluss des Bundesrats:Zugestimmt
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Zusammenfassung

Diese Zusammenfassung wurde mit GPT4 auf Basis des Gesetzentwurfs erstellt.

Basisinformationen 
Das wesentliche Ziel des Gesetzentwurfs ist es, den Aufwand für Bürgerinnen und Bürger sowie für anzeigepflichtige Einrichtungen im standesamtlichen Beurkundungsverfahren durch den Einsatz elektronischer Anzeige- und Anmeldeverfahren und den Verzicht auf die Vorlage urkundlicher Nachweise zu verringern. Die Problemlösung soll durch die Änderung des Personenstandsgesetzes (PStG) und der Personenstandsverordnung (PStV) erreicht werden, um Regelungen für den elektronischen Zugang der Bürger zu den standesamtlichen Verfahren einzuführen. Das federführende Ministerium ist das Bundesministerium des Innern und für Heimat. 
 
Hintergrund 
Die bisherige Entwicklung des Personenstandsrechts seit der Reform im Jahr 2009 hat sich bewährt, es wurden elektronisch geführte Personenstandsregister eingeführt. Allerdings hat die Praxis gezeigt, dass Anpassungen notwendig sind, insbesondere im Hinblick auf elektronische Verwaltungsprozesse und das Once-Only-Prinzip, welches die Mehrfacherfassung von Daten vermeiden soll. Zum Hintergrund gehört auch die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes bis zum 31. Dezember 2022 und die SDG-Verordnung der EU, die einen grenzüberschreitenden Datenaustausch bis zum 12. Dezember 2023 fordert. 
 
Kosten 
Für den Bund und die Länder entstehen keine zusätzlichen Haushaltsausgaben. Bei den Gemeinden entstehen durch die Anpassung von Softwareprodukten erhöhte Wartungs- und Systempflegekosten, die durchschnittlich auf eine Erhöhung um ca. 10 % beziffert werden. Eine genaue Betragsangabe ist nicht möglich. 
 
Inkrafttreten 
Keine Angaben. 
 
Sonstiges 
Der Gesetzentwurf ist als besonders eilbedürftig gekennzeichnet und wurde dem Bundesrat bereits am 27. Mai 2022 zugeleitet. Eine Stellungnahme des Bundesrates und die Auffassung der Bundesregierung dazu werden unverzüglich nachgereicht. Weiterhin wird die Beurkundung der Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft in den Personenstandsregistern zukünftig entfallen. 
 
Maßnahmen 
Hier sind die wesentlichen Maßnahmen des Entwurfs stichpunktartig zusammengefasst: 
 
- Aktualisierung der Inhaltsübersicht des Personenstandsgesetzes. 
- Klarstellung, dass elektronische Personenstandsbescheinigungen ausschließlich durch Standesbeamte ausgestellt werden. 
- Sicherstellung, dass die Vernichtung des Personenstands- und Sicherungsregisters durch Katastrophen nicht zu einer physischen Vernichtung beider Register führt. 
- Erläuterung zum Verfahren der Datenerhebung bei Anzeige eines Personenstandsfalls und zur Vorlage von Nachweisen. 
- Einführung der Signaturprüfung für elektronisch eingereichte Dokumente im Standesamt. 
- Streichung der Beurkundung der Religionszugehörigkeit im Ehe-, Geburten- und Sterberegister. 
- Möglichkeit zur elektronischen Anzeige von Geburten und Sterbefällen durch berechtigte Personen. 
- Regelung der elektronischen Anmeldung von Eheschließungen und der Beantragung von Ehefähigkeitszeugnissen. 
- Einführung von elektronischen Personenstandsbescheinigungen als Ersatz für papiergebundene Personenstandsurkunden. 
- Anpassung diverser registerführender Vorschriften im Hinblick auf die Änderungen und das digitale Verfahren. 
 
Stellungnahmen 
Der Nationale Normenkontrollrat (NKR) hat den Regelungsentwurf geprüft und sieht eine Bürokratieentlastung von jährlich rund 62.000 Stunden für Bürgerinnen und Bürger sowie um rund 19 Millionen Euro für die Wirtschaft vor. Für die Länder (Kommunen) entsteht ein jährlicher Erfüllungsaufwand von rund 43 Millionen Euro. Die Vorteile liegen in der Bürokratieentlastung der Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen sowie in der teilweisen Entlastung der Standesämter. Der NKR hat im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags keine Einwände gegen die Darstellung der Regelungsfolgen erhoben. 
 
Das Regelungsvorhaben soll Grundlagen für die elektronische Kommunikation mit dem Standesamt schaffen und die Vorgaben des Onlinezugangsgesetzes umsetzen. Die Änderungen sehen die Befreiung von der Vorlage papiergebundener Nachweise sowie die Einrichtung eines automatisierten Abrufverfahrens aus den Registern anderer Standesämter vor.  
 
Die Alternativen zur Regelung wurden begrenzt zugunsten der Rechtssicherheit und Beweiskraft der Personenstandsregister. Eine Evaluierung der Neuregelung ist geplant, indem die Zeitersparnis für Verfahrensbeteiligte und Standesämter gemessen wird. Das Regelungsvorhaben kommt der ‚One in one out‘-Regel nach, wodurch ein "Out" von rund 19 Millionen Euro für die Wirtschaft festgelegt wird.

Informationen aus dem Ministerium
Datum erster Entwurf:
Datum Kabinettsbeschluss:
Weiterführende Informationen:Vorhabenseite des Ministeriums
Beratungsverlauf im Bundestag
Eingang im Bundestag:19.06.2022
Erste Beratung:23.06.2022
Abstimmung:29.09.2022
Drucksache:20/2294 (PDF-Download)
Beschlussempfehlung:20/3719 (PDF-Download)
Plenarsitzungen:Aufzeichnungen und Dokumente
Anhörung der Sachverständigen

Diese Zusammenfassung wurde mit GPT4 auf Basis des Artikels auf bundestag.de erstellt.

Die Anhörung fand am 26.09.2022 im Ausschuss für Inneres und Heimat statt.

Die öffentliche Anhörung im Bundestag drehte sich um die Frage, ob das religiöse Bekenntnis im modernisierten Personenstandsregister erfasst werden soll. Diskutiert wurde ein Gesetzentwurf der Bundesregierung, der die elektronische Kommunikation zwischen Bürgern und Standesämtern verbessern soll. Die Anhörung der Sachverständigen fand bereits statt und die Hauptpunkte ihrer Argumentation waren wie folgt: 
 
Jonas Botta, Forschungsreferent am Deutschen Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung, hob hervor, dass die Reform des Personenstandsregisters ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum digitalen Staat sei. Er unterstützte das "Once-only-Prinzip", wonach Bürger ihre Angaben nur noch einmal machen müssten, und sprach sich für eine Verschärfung der Gesetzesformulierung aus, um von "kann" zu "soll" zu wechseln. Er befand, dass die Streichung der Religionsangabe verfassungskonform und für die Entlastung der Verwaltung sinnvoll sei. 
 
Hans Michael Heinig, Professor für Öffentliches Recht, Kirchenrecht und Staatskirchenrecht, unterstrich, dass Religionszugehörigkeit nicht ins Personenstandswesen gehöre. Er warnte jedoch vor der Signalwirkung, die eine Streichung für Bürger haben könnte, da das religiöse Bekenntnis für viele Teil ihrer Identität sei. Heinig argumentierte, wenn man die Religionsangabe beibehalte, müsse diese Möglichkeit allen Religionsgemeinschaften offenstehen. 
 
Ulrich Kelber, Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, sprach sich hinsichtlich der Gesetzesänderung vornehmlich zu Datenschutzfragen aus. Er betonte die Notwendigkeit einer transparenten und sicheren Datenübermittlung und war kritisch gegenüber den Datenschutzrisiken automatisierter Abrufverfahren. Er stellte die Frage nach der Notwendigkeit einer Religionsangabe in Frage, wenn doch Datenschutz und Datenminimierung im Fokus stehen sollten. 
 
Winfried Kluth, Professor für Öffentliches Recht, bezeichnete die freiwillige Angabe der Religionszugehörigkeit als Ausdruck des Verhältnisses zwischen dem Einzelnen und dem Staat. Er mahnte, der Gesetzgeber solle sorgsam mit diesen Änderungen umgehen, besonders wenn es um etwas gehe, das von hoher Bedeutung für viele sei. Er schlug vor, die Frage der Religionszugehörigkeit vorerst aus dem Gesetzesvorhaben auszuklammern. 
 
Isabell Peters, Professorin für E-Government und digitale Transformation, betonte das Ziel, die technologischen und organisatorischen Potenziale der Verwaltungsmodernisierung mit dem neuen Gesetz auszuschöpfen. Sie sprach sich dafür aus, auf marktübliche Produkte für Authentifizierungs- und Identifizierungsverfahren zu setzen und für ein bundeseinheitliches Vorgehen, um föderale Heterogenität, die die Digitalisierung hemmt, zu vermeiden. 
 
Dirk Siegfried, Rechtsanwalt und Notar, lobte das Gesetzgebungsverfahren, kritisierte jedoch, dass die moderne Geschlechterrealität, einschließlich Transpersonen und gleichgeschlechtlicher Eltern, nicht erfasst werde. Er forderte Nachbesserungen, um die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur „dritten Option“ umzusetzen, und verwies die Frage der Religionszugehörigkeit als politische Entscheidung an die Abgeordneten zurück. 
 
Volker Weber, Vorsitzender des Fachverbandes der Standesbeamten von Berlin e. V., empfahl aus standesamtlicher Sicht, Angaben zur Religionszugehörigkeit wegzulassen, da dies zu Diskussionen mit Antragstellern führe, wenn deren Religionsgemeinschaft nicht die geforderte Form aufweise. Er sah keine Notwendigkeit für die Aufnahme der Religionszugehörigkeit ins Personenstandsregister, da kein anderes EU-Land dies tue, und glaubte nicht an vermehrte Diskussionen im Standesamt durch den Wegfall dieser Angabe.

Beratungsverlauf im Bundesrat
Gesetztyp:Einspruchsgesetz
Drucksache:240/22
Eingang im Bundesrat:27.05.2022
Erster Durchgang:08.07.2022
Abstimmung:07.10.2022
Beschluss des Bundesrats:Zugestimmt