2. Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes
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Offizieller Titel: | Zweites Gesetz zur Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes |
Initiator: | Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend |
Status: | Im Gesetzblatt verkündet (zum Gesetzblatt) |
Letzte Änderung: | 12.11.2024 |
Drucksache: | 20/10861 (PDF-Download) |
Gesetztyp: | Einspruchsgesetz |
Status Bundesrat: | Zugestimmt |
Diese Zusammenfassung wurde mit GPT4 auf Basis des Gesetzentwurfs erstellt.
Basisinformationen:
Das wesentliche Ziel des Gesetzentwurfs ist, einen bundeseinheitlichen und rechtssicheren Umgang mit sogenannten Gehsteigbelästigungen sicherzustellen, die vor Beratungsstellen und Einrichtungen stattfinden, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Übergeordnetes Ziel ist es, die Verwirklichung des gesetzlichen Schutzkonzepts zu garantieren, welches die Rechte und die Selbstbestimmung der Schwangeren wahrt. Zur Lösung sollen das Schwangerschaftskonfliktgesetz (SchKG) ergänzt, Verbote der Belästigung normiert und Bußgeldtatbestände eingeführt werden. Federführend zuständig ist das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ).
Hintergrund:
Hintergrund des Gesetzentwurfs sind die zunehmenden Protestaktionen von Abtreibungsgegnern vor Beratungsstellen und Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. Diese Gehsteigbelästigungen beeinträchtigen das Persönlichkeitsrecht der Schwangeren und stören das Beratungskonzept. Zudem besteht eine Rechtsunsicherheit aufgrund unterschiedlicher Verwaltungspraxis und Rechtsprechung der Länder bezüglich dieser Belästigungen.
Kosten:
Für den Bundeshaushalt entstehen jährliche Mehraufwände von etwa 12.000 Euro und einmalige Umstellungskosten von rund 18.000 Euro. Diese Kosten werden im Einzelplan 17 (BMFSFJ) ausgeglichen. Einnahmen werden nicht erwartet.
Inkrafttreten:
Keine Angaben.
Sonstiges:
Der Gesetzentwurf setzt auch Vereinbarungen des Koalitionsvertrags der 20. Legislaturperiode um und ist Teil der Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen. Es sind keine relevanten Änderungen der zusätzlichen Kosten zu erwarten, und der Entwurf wird auch keine wesentlichen wirtschaftlichen Auswirkungen, einschließlich solcher auf Verbraucherinnen und Verbraucher, haben. Eine Evaluierung des Gesetzes erscheint aufgrund der geringen Kosten nicht erforderlich.
Maßnahmen:
Die wesentlichen Maßnahmen des Gesetzentwurfs sind:
- Präzisierung des Handlungszeitraums für die verpflichtend durchzuführende Beratung nach Mitteilung der Ergebnisse pränataldiagnostischer Maßnahmen.
- Gesetzliche Klarstellung zur Sicherstellung des ungehinderten Zugangs zu Beratungsstellen für allgemeine Beratung zu Sexualaufklärung, Verhütung, Familienplanung sowie insbesondere zur Schwangerschaftskonfliktberatung.
- Einführung eines Belästigungsverbots in einem Umkreis von 100 Metern um die Beratungsstellen, um störende Verhaltensweisen zu untersagen, die geeignet sind, die Inanspruchnahme der Beratung zu beeinträchtigen.
- Erweiterung des Schutzes vor Belästigungen auf das Personal der Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen, mit Fokus darauf, ob eine Störung ihrer Beratungstätigkeit bewusst herbeigeführt wird.
- Ausweitung des Schutzes und der übergreifenden Regelungen auf Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, im Hinblick auf die Rechte der Schwangeren vor und während des medizinischen Eingriffs.
- Statistische Erfassungen und Bereitstellung von Daten auf Kreis- und Stadtebene werden detaillierter reguliert, mit dem Ziel, stabile Auswertungen zu gewährleisten.
- Einführung neuer Bußgeldtatbestände im Schwangerschaftskonfliktgesetz (SchKG) für Zuwiderhandlungen gegen das neue Belästigungsverbot.
- Umsetzung von Folgeänderungen in anderen Gesetzen aufgrund der modifizierten Regelungen im SchKG.
Stellungnahmen:
Der Bundesrat hat zu dem Entwurf Stellung genommen und in bestimmten Punkten eine Reformulierung hinsichtlich des Wortgebrauchs von "bewusst" zu "wissentlich" vorgeschlagen, speziell im Kontext des behindernden Verhaltens gegenüber dem Personal von Beratungsstellen und Einrichtungen. Die Änderungsvorschläge begründet der Bundesrat mit dem Ziel, einen Gleichlauf mit den flankierenden Bußgeldtatbeständen sicherzustellen und potenzielle Auslegungsschwierigkeiten zu vermeiden. Das Wort "bewusst" im bisherigen Text des Gesetzentwurfs und das Wort "wissentlich" im Bußgeldtatbestand könnten sonst als synonym betrachtet werden, wodurch sich jedoch systematische sprachliche Unstimmigkeiten ergeben könnten.
Die Bundesregierung äußert sich zu der Stellungnahme des Bundesrates, indem sie die Notwendigkeit für die vom Bundesrat vorgeschlagene Klarstellung als nicht gegeben ansieht. Die Regierung führt aus, dass in der Gesetzesbegründung bereits klargestellt wird, dass "bewusstes Behindern" direkten Vorsatz erfordert und der Bußgeldtatbestand eine "wissentliche Behinderung" voraussetzt. Da der Begriff "wissentlich" in Straf- oder Bußgeldvorschriften gebräuchlich ist, um den direkten Vorsatz zu betonen, sieht die Bundesregierung keine Auslegungsschwierigkeiten aufgrund der unterschiedlichen Formulierungen.
Datum erster Entwurf: | 21.11.2023 |
Datum Kabinettsbeschluss: | 24.01.2024 |
Weiterführende Informationen: | Vorhabenseite des Ministeriums |
„Die Änderung des Schwangerschaftskonfliktgesetzes soll den Schutz von Schwangeren vor Beratungsstellen zum Schwangerschaftsabbruch sicherstellen.
Schwangere sollen vor Schwangerschaftsberatungsstellen und Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, wirksamer vor sogenannten Gehsteigbelästigungen durch Abtreibungsgegner und -gegnerinnen geschützt werden. Mit einer Reform des Schwangerschaftskonfliktgesetzes sollen die Rechte der Schwangeren sowie das Beratungs- und Schutzkonzept in seiner Gesamtheit gestärkt werden.“
Im Lobbyregister des Bundestags sind Einträge zu diesem Vorhaben vorhanden:
- 9 Einträge zu Drucksache 20/10861 (Suche im Lobbyregister aufrufen)
Identische Einträge werden zusammengeführt.
Ziel oder Art der Interessenvertretung:
Schwangerschaftsabbrüche müssen medizinisch sicher durch Frauenärzte/-innen vorgenommen und das medizinische Personal in den Einrichtungen vor Übergriffen geschützt werden,
Rahmenbedingungen zur Vermeidung von ungewollten Schwangerschaften verbessern; Statistiken zum Schwangerschaftsabbruch an dem tatsächlichen Informationsbedarf anpassen; Zugang zum medikamentösen Schwangerschaftsabbruch verbessern; Beratungspflicht bei ungewollten Schwangerschaften erhalten & evaluieren; Beratung für Abbrüche nach Beratungsregelung niederschwellig gestalten; Besondere Problematiken in Bezug auf die Durchführung später Schwangerschaftsabbrüche klarstellen & verbessern; Entkriminalisierung
Lobbyregister-Nr.: R002554 (Detailseite im Lobbyregister)
Interne ID: 47087
Ziel oder Art der Interessenvertretung:
Beseitigung rechtlicher Unklarheiten im vorliegenden Regelungsvorschlags, welcher Schwangere in räumlicher Nähe zu Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen und Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen, wirksamer vor sogenannten Gehsteigbelästigungen schützen soll, sowie Erweiterung des Regelungsvorschlags, um dem Fachpersonal der Beratungsstellen und Enrichtungen noch besser zu errmöglichen, ihrer Tätigkeit ungestört nachgehen zu können.
Lobbyregister-Nr.: R002002 (Detailseite im Lobbyregister)
Interne ID: 51833
Ziel oder Art der Interessenvertretung:
Die CEDAW-Allianz Deutschland bezieht Stellung in seinem Alternativbericht zur Umsetzung der UN-Frauenrechtskonvention (2023) und fordert "die offensichtliche Falschinformationen im Internet sowie die Diffamierung einzelner Ärzt*innen und Gehsteigbelästigungen zu unterbinden" (siehe CEDAW-Allianz Deutschland Alternativbericht 2023, S. 22).
Lobbyregister-Nr.: R002336 (Detailseite im Lobbyregister)
Interne ID: 35582
Ziel oder Art der Interessenvertretung:
Beibehaltung der Regelungen des § 218 und 219 im StGB; Sicherstellung eines ungehinderten Zugangs zu Beratungsstellen und Einrichtungen zur Vornahme von Abtreibungen im Spannungsfled des Schutzes der Persönlichkeitsrechte und des Rechts auf Versammlungs-, Meinungs- und Religionsfreiheit; Sicherstellung der Zulässigkeit stiller Mahn- und Gebetswachen.
Lobbyregister-Nr.: R000896 (Detailseite im Lobbyregister)
Interne ID: 52601
Ziel oder Art der Interessenvertretung:
Der djb begrüßt bundeseinheitliche Verbotsnormen sowie Sanktionsmechanismen für sogenannte Gehsteigbelästigungen und weitere flankierende Maßnahmen. Gehsteigbelästigungen verletzen das reproduktive Selbstbestimmungsrecht schwangerer Personen. Einzelheiten des Entwurfs, insbesondere die konkrete Ausgestaltung der Tathandlungen der Verbots- sowie Sanktionsnormen, werden kritisieret.
Lobbyregister-Nr.: R001507 (Detailseite im Lobbyregister)
Interne ID: 52895
Ziel oder Art der Interessenvertretung:
der donum vitae Bundesverband ist seitens des Bundestages (CDU/CSU) gebeten worden, hierzu als Sachverständiger eine Stellungnahme abzugeben.
Lobbyregister-Nr.: R001713 (Detailseite im Lobbyregister)
Interne ID: 51976
Ziel oder Art der Interessenvertretung:
Der KDFB steht hinter dem aktuell geltenden staatlichen Schutzkonzept und begrüßt
vor diesem Hintergrund ausdrücklich, dass mit dem vorliegenden Referentenentwurf
eine bundesweit einheitliche Gesetzesregelung herbeigeführt werden soll, die auch
den faktischen Zugang zu Beratungsstellen sowie Praxen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, sicherstellt.
Lobbyregister-Nr.: R001252 (Detailseite im Lobbyregister)
Interne ID: 36239
Ziel oder Art der Interessenvertretung:
Beibehaltung der Regelungen des § 218a und 219 im StGB, Sicherstellung eines ungehinderten Zugangs zu Beratungsstellen und Einrichtungen zur Vornahme von Abtreibungen im Spannungsfeld des Schutzes der Persönlichkeitsrechte und des Rechts auf Versammlungs-, Meinungs- und Religionsfreiheit, Sicherstellung er Zulässigkeit stiller Mahn- und Gebetswachen
Lobbyregister-Nr.: R006537 (Detailseite im Lobbyregister)
Interne ID: 50161
Ziel oder Art der Interessenvertretung:
Abschaffung der Strafbarkeit von Schwangerschaftsabbrüchen gem. § 218 ff. StGB
Lobbyregister-Nr.: R002052 (Detailseite im Lobbyregister)
Interne ID: 48294
Eingang im Bundestag: | 27.03.2024 |
Erste Beratung: | 10.04.2024 |
Abstimmung: | 05.07.2024 |
Drucksache: | 20/10861 (PDF-Download) |
Plenarsitzungen: | Aufzeichnungen und Dokumente |
Ausschusssitzungen
Die Daten wurden mit GPT4 ermittelt und können Fehler enthalten. Im Zweifel bitte die verlinkten Dokumente prüfen.
Ausschuss | Sitzungsdatum | Tagesordnung (PDF) |
---|---|---|
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend | 10.04.2024 | Tagesordnung |
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend | 13.05.2024 | Anhörung |
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend | 03.07.2024 | Ergänzung Tagesordnung |
Rechtsausschuss | 03.07.2024 | Tagesordnung |
Diese Zusammenfassung wurde mit GPT4 auf Basis des Artikels auf bundestag.de erstellt.
Die Anhörung fand am 13.05.2024 im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend statt.
Schwangere sollen vor Gehsteigbelästigungen geschützt werden
Während der öffentlichen Anhörung des Bundestagsausschusses wurden die geplanten Änderungen des Schwangerschaftskonfliktgesetzes von den geladenen Sachverständigen unterschiedlich bewertet. Hier sind die wichtigsten Kernpunkte ihrer Argumentation:
Professor Steffen Augsberg von der Justus-Liebig-Universität Gießen argumentierte gegen den Gesetzentwurf und nannte ihn überflüssig. Er betonte, dass Bedrohungen, Nötigungen und Beleidigungen bereits gesetzlich geregelt seien, und verwies auf die grundrechtliche Absicherung von Meinungs- und Versammlungsfreiheit.
Professor Sigrid Boysen von der Universität der Bundeswehr Hamburg sah im Gesetzentwurf keinen unzulässigen Eingriff in die Meinungs- oder Versammlungsfreiheit und unterstützte das Ziel, die verpflichtende Beratungslösung zu schützen, ohne dass diese zu einem zusätzlichen Konfliktfall wird.
Tomislav Čunović, Geschäftsführer des Vereins „40 Days for Life International“, kritisierte die Abstandsregelung als unverhältnismäßigen Eingriff in die Versammlungsfreiheit und meinte, friedliche Aktivitäten wie Gebet oder Gespräche stellten keine Belästigung dar und sollten nicht unter Generalverdacht gestellt werden.
Céline Feldmann vom Deutschen Juristinnenbund erachtete eine bundeseinheitliche Regelung als unabdingbar, um präventiv gegen Gehsteigbelästigungen vorzugehen und den Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen und reproduktive Rechte zu stärken.
Professor Sina Fontana von der Universität Augsburg befürwortete den Gesetzentwurf zur Schaffung von Rechtssicherheit und zum Schutz der Persönlichkeitsrechte der Schwangeren sowie des staatlichen Beratungskonzepts.
Professor Helmut Frister von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf äußerte Bedenken bezüglich der Rechtssicherheit, die der Entwurf bieten soll, und meinte, dass die vielen Einschränkungen den Vollzugsbehörden die Arbeit erschweren würden.
Professor Christian Hillgruber von der Universität Bonn zweifelte an, dass das Gesetzesziel erreicht werden könne, und merkte an, der Bund verfüge möglicherweise nicht über die nötige Gesetzgebungskompetenz für die geplanten Maßnahmen.
Claudia Hohmann, Leiterin von Pro Familia Frankfurt-Main, berichtete von zunehmenden Belagerungen der Beratungsstellen und betonte die Notwendigkeit einer ergebnisoffenen Beratung ohne Beeinflussung von außen.
Julia Seeberg, Geschäftsführerin beim donum vitae Bundesverband, begrüßte den Gesetzentwurf, gab aber zu bedenken, dass ihre Beratungsstellen bisher nicht von physischen Gehsteigbelästigungen betroffen seien.
Juliane Meinhold vom Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband stimmte dem Ziel des Entwurfs zu, kritisierte jedoch rechtliche Formulierungen, die zu Rechtsunsicherheiten führen könnten.
Karsten Scholz von der Bundesärztekammer unterstützte die Einführung von Belästigungsverboten und hob hervor, dass nicht nur Schwangere, sondern auch das Personal vor Belästigungen geschützt werden sollte.
Daniela Schneckenburger vom Deutschen Städtetag erkannte den Beitrag des Gesetzentwurfes zu einer rechtssicheren und bundeseinheitlichen Regelung an, machte jedoch auf weiterhin bestehende offene Fragen aufmerksam, die durch die widerstreitenden Grundrechte entstehen.
Gesetztyp: | Einspruchsgesetz |
Drucksache im BR: | 71/24 |
Eingang im Bundesrat: | 08.02.2024 |
Erster Durchgang: | 22.03.2024 |
Abstimmung: | 27.09.2024 |
Status Bundesrat: | Zugestimmt |