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Änderung des Transplantationsgesetzes (Lebendorganspende-Reform)

Kabinettsbeschluss, bereits im Bundestag beraten
Basics
Offizieller Titel:Drittes Gesetz zur Änderung des Transplantationsgesetzes - Novellierung der Regelungen zur Lebendorganspende und weitere Änderungen
Initiator:Bundesministerium für Gesundheit
Status:Vom Kabinett beschlossen
Letzte Änderung:27.09.2024
Drucksache:Vorgangseite auf bundestag.de
Gesetztyp:Einspruchsgesetz
Zusammenfassung

Diese Zusammenfassung wurde mit GPT4 auf Basis des Gesetzentwurfs erstellt.

Basisinformationen: Das wesentliche Ziel des Gesetzentwurfs ist die Erweiterung der Lebendorganspende-Möglichkeiten, insbesondere durch die Einführung eines nationalen Programms für Überkreuzlebendnierenspenden und nicht gerichtete anonyme Nierenspenden in Deutschland. Dies soll helfen, die Anzahl geeigneter Spender- und Empfängerkreise zu erhöhen und den Spenderschutz zu stärken. Federführend für diesen Entwurf ist das Bundesministerium für Gesundheit.  
 
Hintergrund: Der Gesetzentwurf baut auf der Erkenntnis auf, dass die bisherigen Regelungen zu Lebendorganspenden als zu restriktiv angesehen werden und der Bedarf an Spenderorganen bei weitem nicht gedeckt wird. Die Notwendigkeit der Reform ergibt sich aus der unzureichenden Anzahl postmortaler Spendernieren und den damit verbundenen langen Wartezeiten. Der Deutsche Bundestag hatte bereits in der 19. Legislaturperiode Maßnahmen beschlossen, um Organspenden zu fördern.  
 
Kosten: Es entstehen jährliche Kosten in Höhe von 117.500 Euro für Bund und Länder für die stationäre Versorgung und die Registrierungskosten sowie 3.843 Euro für psychosoziale Beratung. Die gesetzliche Krankenversicherung muss mit jährlichen Mehrausgaben von etwa 4.400.000 Euro rechnen. Den Mehrausgaben stehen jedoch erwartete Einsparungen in Höhe von mindestens 4,6 Millionen Euro und weiteren Einsparungen von 2,3 Millionen Euro in den Folgejahren gegenüber, resultierend aus dem Wegfall langjähriger Dialysebehandlungen.  
 
Inkrafttreten: Keine spezifischen Angaben über das Inkrafttreten werden gemacht. Daher ist davon auszugehen, dass das Gesetz am Tag nach der Verkündung in Kraft treten soll.  
 
Sonstiges: Der Gesetzentwurf ist mittelfristig kostensparend und verfolgt das Ziel, den Kreis potenzieller Spenderinnen und Spender zu erweitern, sowie eine bessere Versorgung Betroffener zu gewährleisten. Besonders hervorgehoben werden die internationalen Vorbilder für die Überkreuzlebendnierenspende, die schon seit den frühen 2000er Jahren erfolgreich existieren. Das Gesetz ist nicht befristet, aber eine Evaluierung des Programms ist zehn Jahre nach Inkrafttreten vorgesehen.  
 
Maßnahmen  
- Förderung der Organ- und Gewebespende: Das Gesetz erweitert die Förderung der Bereitschaft zur Organspende auch auf die Gewebespende und stärkt die Aufklärung der Bevölkerung über postmortale Spendenmöglichkeiten.  
- Erleichterung der Lebendspende: Schaffung von Voraussetzungen für die Lebendorganspende, insbesondere von Nieren, unter Wahrung eines hohen Schutzniveaus für Spender. Die bisherigen Regelungen werden erweitert, um Patientinnen und Patienten mit Nierenversagen eine Versorgung zu ermöglichen, die bisher aufgrund immunologischer Inkompatibilität oder rechtlicher Hürden ausgeschlossen war.  
- Einführung von neuen Begriffen und Konzepten:  
--> Organspendepaar: Definition eines Paares aus Spender und Empfänger mit engem persönlichen Verhältnis.  
--> Inkompatibles Organspendepaar: Ein Paar, das aus immunologischen Gründen nicht kompatibel ist.  
--> Überkreuzlebendnierenspende: Möglichkeit zu spenden, wenn ein direkter Austausch im Sinne der Spender- und Empfängerkompatibilität nicht möglich ist. Anstelle einer direkten Niere-zu-Niere-Spende wird die Niere an eine passende Person eines anderen inkompatiblen Paares gespendet.  
--> Nicht gerichtete anonyme Nierenspende: Eine Niere wird einer nicht bekannten Person gespendet, wobei die Empfängerin bzw. der Empfänger auf der Warteliste steht.  
- Aufhebung unnötiger Bürokratie: Die Verpflichtung der Ausweisstellen zur Unterstützung beim Ausfüllen von Erklärungen zur Organspende wird abgeschafft, da dies einen erhöhten Personalaufwand und hohen administrativen Aufwand bedeutet, der in keinem Verhältnis zur Nutzung des Registers steht.  
- Erweiterung der Registerzugriffe: Aufbau von Gewebeeinrichtungen und Herstellern, die über arzneimittelrechtliche Erlaubnisse verfügen und zur Entnahme befugt sind, um direkten Zugriff auf das Register für Organ- und Gewebeentspendungen zu erhalten.  
- Stärkung des Spenderschutzes: Einführung einer Spenderakte zur Dokumentation aller Prozesse und Sicherstellung einer umfassenden, unabhängigen psychosozialen Beratung und Evaluation der Lebendorganspender.  
- Neuregelung der Lebendspendekommission: Einheitliche Regelungen für die Lebendspendekommissionen, die auf Antrag tätig werden und die Freiwilligkeit der Spendereinwilligung prüfen.  
- Etablierung nationaler und internationaler Programme: Aufbau eines nationalen Programms für Überkreuzlebendspenden und Möglichkeit zur internationalen Kooperation, ähnlich wie bei Eurotransplant.  
- Pflicht der Transplantationszentren: Sicherstellung der Organisation und Kooperation zwischen Transplantationszentren bei Überkreuzlebendspendern und nicht gerichteten anonymen Nierenspenden.  
 
Diese Maßnahmen zielen darauf ab, die Organspende durch Lebendspenden zu fördern, die Spender-Empfänger-Matchingoptionen zu erweitern und dabei den Schutz der Spender zu gewährleisten.  
 
Stellungnahmen  
Keine Angaben.

Informationen aus dem Ministerium
Datum erster Entwurf:24.04.2024
Datum Kabinettsbeschluss:17.07.2024
Weiterführende Informationen:Vorhabenseite des Ministeriums

„In Deutschland wurden allein im Jahr 2022 mehr als 2 400 Patientinnen und Patienten zu einer Nierentransplantation bei der niederländischen Stiftung Eurotransplant gemeldet. Insgesamt warteten Ende 2022 über 6 700 Menschen, die als transplantabel gemeldet wurden, auf eine Spenderniere. Gleichzeitig sank die Zahl der Nierentransplantationen in Deutschland im selben Jahr auf 1 966. Allein die Zahl der Transplantation nach Lebendnierenspende erhöhte sich auf 535. Im Jahr 2022 verstarben 339 Patientinnen und Patienten auf der Warteliste für eine Niere. Seit langer Zeit reicht die Zahl der Spendernieren nicht aus, um den Bedarf zu decken. Die Folge sind lange Wartezeiten der Betroffenen für eine postmortale Nierenspende, die hierzulande im Durchschnitt bis zu acht Jahre betragen. Damit verbunden sind gravierende Einschränkungen der Lebensqualität der Patientinnen und Patienten durch die zeitintensive, lebenserhaltende Dialysebehandlung sowie eine erhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes.  
[...]  
Ziel des Gesetzentwurfes ist es, neben der Erweiterung des Kreises der Organspenderinnen und -spender sowie der Organempfängerinnen und -empfänger die rechtlichen Grundlagen und die notwendigen Strukturen zu schaffen, um in Deutschland ein nationales Programm für die Überkreuzlebendnierenspende aufbauen zu können. Mit dem Aufbau eines solchen Programms für die Überkreuzlebendnierenspende wird insbesondere bei hoch immunisierten Patientinnen und Patienten die Wahrscheinlichkeit erhöht, ein passendes Organ zu erhalten. Zu diesem Zweck wird ein Pool von inkompatiblen Organspendepaaren gebildet, bei denen aus immunologischen Gründen eine Lebendnierenspende nicht möglich ist. Dieser Pool wird um nicht gerichtete anonyme Nierenspenden zugunsten einer der Spenderin oder dem Spender nicht bekannten Person ergänzt. Aus diesem Pool werden die miteinander kompatiblen Organspenderinnen oder -spender und Organempfängerinnen oder -empfänger ermittelt, zwischen denen eine Lebendnierenspende durchgeführt werden kann.  
 
Ziel des Gesetzentwurfes ist es gleichzeitig, den Spenderschutz über die bestehenden Maßnahmen hinaus maßgeblich zu stärken und eine umfassende und angemessene ärztliche Aufklärung zu gewährleisten. Es werden eine unabhängige psychosoziale Beratung und Evaluation der Spenderinnen und Spender vor einer Spende verpflichtend eingeführt und es wird eine individuelle Betreuung der Betroffenen im Transplantationszentrum über den gesamten Spendeprozess vor, während und nach der Spende sichergestellt.  
Für den Bereich der postmortalen Organ- und Gewebespende sollen mit dem Gesetzentwurf ferner die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass Gewebeeinrichtungen, die postmortal Gewebe entnehmen oder entnehmen lassen, an das Register für Erklärungen zur Organ- und Gewebespende angebunden werden können, damit sie – wie die Entnahmekrankenhäuser – unmittelbar selbst über das Abrufportal des Registers klären können,  
ob im Fall einer potenziellen Gewebespende bei einer Person die Spendebereitschaft vorliegt. Weitere Änderungen im Zusammenhang mit dem Register für Erklärungen zur Organ und Gewebespende dienen insbesondere der Umsetzung eines entsprechenden GMK-Beschlusses, der die Streichung der Verpflichtung der Ausweisstellen, eine online-Abgabe von Erklärungen zur Organ- und Gewebespende auch vor Ort zu ermöglichen, vorsieht.“

Beratungsverlauf im Bundesrat
Gesetztyp:Einspruchsgesetz
Drucksache im BR:378/24
Eingang im Bundesrat:16.08.2024
Erster Durchgang:27.09.2024