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Einführung von Commercial Courts (Justizstandort-Stärkungsgesetz)

Das Gesetz wurde im Bundestag und im Bundesrat erstmals beraten, der nächste Schritt ist die Beschlussfassung in beiden Parlamenten.
Basics
Offizieller Titel:Gesetz zur Stärkung des Justizstandortes Deutschland durch Einführung von Commercial Courts und der Gerichtssprache Englisch in der Zivilgerichtsbarkeit (Justizstandort-Stärkungsgesetz)
Initiator:Bundesministerium für Justiz
Status:In der Ausschussberatung
Letzte Änderung:13.12.2023
Drucksache:20/8649 (PDF-Download)
Gesetztyp:Einspruchsgesetz
Zusammenfassung

Diese Zusammenfassung wurde mit GPT4 auf Basis des Gesetzentwurfs erstellt.

Basisinformationen 
Das wesentliche Ziel des Gesetzentwurfs ist die Stärkung des Justiz- und Wirtschaftsstandorts Deutschland durch Einführung von Commercial Courts (Handelsgerichten) und der Gerichtssprache Englisch in der Zivilgerichtsbarkeit. Die Lösung besteht darin, Verfahren vor allem im Bereich der Wirtschaftszivilsachen in englischer Sprache führen zu können und Commercial Courts für große Wirtschaftsstreitigkeiten ab einem Streitwert von einer Million Euro zu etablieren. Das federführende Ministerium ist das Bundesministerium der Justiz. 
 
Hintergrund 
Hintergrund des Gesetzentwurfs ist die Beobachtung, dass Deutschland als bedeutender Wirtschaftsstandort internationale Wirtschaftsstreitigkeiten in der vorhandenen ordentlichen Gerichtsbarkeit nur eingeschränkt attraktiv bearbeiten kann. Deshalb werden Streitigkeiten häufig in anderen Rechtsordnungen oder über private Schiedsgerichtsbarkeit geführt. Frühere Gesetzesvorschläge des Bundesrates aus den Jahren 2010, 2014, 2018, 2021 und 2022 wurden berücksichtigt und weiterentwickelt. 
 
Kosten 
Für den Bundeshaushalt und die Länder entstehen laut Entwurf keine zusätzlichen Haushaltsausgaben. Für die Wirtschaft werden insgesamt Entlastungen von 1.245.842,86 Euro erwartet, die durch Einsparungen bei Gerichts- und Rechtsanwaltsgebühren sowie durch Wegfall der Übersetzungspflichten entstehen. 
 
Inkrafttreten 
Keine Angaben. 
 
Sonstiges 
Der Entwurf sieht vor, dass eine Evaluierung fünf Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes stattfinden soll, um zu überprüfen, ob die Ziele erreicht wurden. Es wird davon ausgegangen, dass die zusätzlichen Aufwände im nicht-richterlichen Bereich und die Mehrkosten der Verwaltung im richterlichen Bereich durch Gebühreneinnahmen gedeckt werden können. Eine Befristung des Vorhabens ist nicht vorgesehen, es wird jedoch betont, dass die Länder flexibel entscheiden können, in welchem Rahmen sie die neuen Möglichkeiten nutzen möchten. 
 
Maßnahmen: 
Die wesentlichen Maßnahmen des Gesetzentwurfs können folgendermaßen zusammengeführt werden: 
 
- Ermächtigung der Landesregierungen zum Erlass von Rechtsverordnungen für die Errichtung von Commercial Courts an Oberlandesgerichten bzw. Obersten Landesgerichten zur Verhandlung von erstinstanzlichen Wirtschaftsstreitigkeiten ab einem Streitwert von einer Million Euro. 
- Zuständigkeit der Commercial Courts für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Unternehmern unter Ausschluss von bestimmten Bereichen wie gewerblichem Rechtsschutz, Urheberrecht und Ansprüchen nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. 
- Möglichkeit der Beschränkung der Zuständigkeit der Commercial Courts auf bestimmte Sachgebiete innerhalb des Bereichs dieser Wirtschaftsstreitigkeiten. 
- Regelung der Verfahrensbeteiligung von Verbrauchern in Fällen des Erwerbs von Unternehmen oder Anteilen an Unternehmen, wenn diese faktisch Unternehmern gleichstehen. 
- Flexibilisierung der örtlichen Zuständigkeit durch die Landesregierungen und Möglichkeit der gerichtsübergreifenden Zuständigkeitsvereinbarung zwischen den beteiligten Parteien. 
- Regelungen für das Berufungs- und Beschwerdeverfahren sowie für die gerichtlichen Zuständigkeiten in diesen Verfahren. 
- Delegations- und Kooperationsbefugnisse für die Landesregierungen zur Ausgestaltung und Koordination der Commercial Courts. 
- Anpassungen in der Zivilprozessordnung, insbesondere die Einführung von neuen Regelungen zur Verfahrenssprache Englisch in der Zivilgerichtsbarkeit. 
 
Stellungnahmen: 
Der Nationale Normenkontrollrat hat zur Kosteneinschätzung der Bundesregierung Stellung genommen. Der NKR sieht einen jährlichen Erfüllungsaufwand in Höhe von rund 1,2 Millionen Euro Einsparung für die Wirtschaft durch den Wegfall von Rechtsanwaltsgebühren und rund 740.000 Euro Einsparung durch entfallende Gerichtsgebühren. Der ‘One in one out’-Regel entsprechend wird dies als ein "Out" betrachtet. Der NKR bestätigt, dass der Regelungsvorhaben im Sinne der UN-Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung sei und keinen weiteren Anpassungsbedarf sieht. Die Bundesregierung hat auf die Stellungnahme des Bundesrats geantwortet, dass sie die vorgebrachten Vorschläge und Anregungen prüfen wird.

Informationen aus dem Ministerium
Datum erster Entwurf:25.04.2023
Datum Kabinettsbeschluss:16.08.2023
Weiterführende Informationen:Vorhabenseite des Ministeriums
Beratungsverlauf im Bundestag
Eingang im Bundestag:05.10.2023
Erste Beratung:12.10.2023
Drucksache:20/8649 (PDF-Download)
Plenarsitzungen:Aufzeichnungen und Dokumente
Ausschusssitzungen

Die Daten wurden mit GPT4 ermittelt und können Fehler enthalten. Im Zweifel bitte die verlinkten Dokumente prüfen.

AusschussSitzungsdatumTagesordnung (PDF)
Rechtsausschuss13.12.2023Anhörung
Anhörung der Sachverständigen

Diese Zusammenfassung wurde mit GPT4 auf Basis des Artikels auf bundestag.de erstellt.

Die Anhörung fand am 13.12.2023 im Ausschuss für Recht statt.

Sachverständige: Plan für Justizstandort verbesserungswürdig  
In der öffentlichen Anhörung im Rechtsausschuss des Bundestages am 13. Dezember 2023 stand der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Stärkung des Justizstandortes Deutschland (20/8649) im Fokus. Neun Sachverständige hatten die Gelegenheit, ihre Expertisen und Standpunkte zu den geplanten Neuerungen, wie der Einführung von Commercial Courts und der Zulassung der englischen Sprache in der Zivilgerichtsbarkeit, darzulegen. Im Großen und Ganzen begrüßten sie diese Pläne, jedoch mit vielfältigen Hinweisen auf Verbesserungsmöglichkeiten, insbesondere beim AGB-Recht, Gesellschaftsrecht, der Streitwertschwelle sowie der Gestaltung der englischsprachigen Verhandlung.  
 
Zu den Sachverständigen und ihren Aussagen:  
Peter Allgayer (Bundesgerichtshof, vorgeschlagen von der Unionsfraktion) betonte den Bedarf an einer zeitnahen Evaluation der Maßnahmen und sprach sich für eine umfassende Reform, auch im Bereich des materiellen Rechts, aus.  
 
Monika Nöhre (ehemalige Präsidentin des Kammergerichts Berlin, vorgeschlagen von der Grünen-Fraktion) unterstrich die Vorteile einer Klageerhebung bei den OLGs zur Verkürzung von Verfahren sowie die Notwendigkeit eines klaren Profils der Commercial Courts.  
 
Sabine Fuhrmann (Bundesrechtsanwaltskammer, vorgeschlagen von der SPD-Fraktion) unterstützte die Einrichtung von Commercial Courts als Reaktion auf organisatorische Mängel des deutschen Zivilprozesses.  
 
Thomas Klink (Deutscher Richterbund, Richter am OLG Stuttgart, ebenfalls von der SPD-Fraktion vorgeschlagen) erachtete die Einführung von Commercial Courts auf Basis seiner Praxiserfahrungen für sinnvoll und forderte Anpassungen im Gesellschaftsrecht.  
 
Jörg Kondring (Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau, vorgeschlagen von der FDP-Fraktion) sprach sich für eine Reform des AGB-Rechts aus, um die Rechtsflucht deutscher Unternehmen zu verhindern.  
 
Werner Müller (Deutscher Anwaltverein) hielt den Gesetzentwurf für positiv, sah jedoch eine flexiblere AGB-Kontrolle als essentiell für die internationale Konkurrenzfähigkeit der Commercial Courts.  
 
Thomas Pfeiffer (Universität Heidelberg, vorgeschlagen von der Unionsfraktion) argumentierte, dass eine Reform des AGB-Rechts außerhalb des Verfahrensrechts für die Attraktivität des Justizstandortes entscheidend sei.  
 
Thomas Riehm (Universität Passau, vorgeschlagen von der SPD-Fraktion) sah das Justizstandort-Stärkungsgesetz als Verbesserung für nationale Streitigkeiten, empfahl aber ebenfalls eine Reform des AGB-Rechts für internationale Fälle.  
 
Giesela Rühl (Humboldt-Universität zu Berlin, vorgeschlagen von den Grünen) fand den Entwurf grundsätzlich geeignet, forderte aber auch hier eine kritische Prüfung der AGB-Kontrolle.  
 
Zusammengefasst stellten die Experten den Handlungsbedarf bei der Attraktivität des deutschen Rechtsstandortes fest und unterstützten den Ansatz der Commercial Courts. Sie sahen jedoch übereinstimmend einen dringenden Bedarf für eine Überarbeitung des AGB-Rechts, um sowohl national als auch international wettbewerbsfähig zu bleiben. Der Bundestag hatte den entsprechenden Gesetzentwurf bereits am 12. Oktober 2023 diskutiert und einen früheren Entwurf des Bundesrates zu Commercial Courts im Frühjahr desselben Jahres nach einer öffentlichen Anhörung abgelehnt, trotz der Zustimmung der Sachverständigen zum früheren Entwurf.  
 
Weiterführende Informationen, wie die Videoaufnahme der Anhörung, schriftliche Stellungnahmen und die Sachverständigenliste, sind auf der Website des Bundestages verfügbar.

Beratungsverlauf im Bundesrat
Gesetztyp:Einspruchsgesetz
Eingang im Bundesrat:18.08.2023
Erster Durchgang:29.09.2023