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Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie zur Terrorismusbekämpfung

Das Gesetz wurde im Bundestag und im Bundesrat erstmals beraten, der nächste Schritt ist die Beschlussfassung in beiden Parlamenten.
Basics
Offizieller Titel:Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2017/541 zur Terrorismusbekämpfung
Initiator:Bundesministerium für Justiz
Status:In der Ausschussberatung
Letzte Änderung:05.07.2024
Drucksache:20/11848 (PDF-Download)
Gesetztyp:Einspruchsgesetz
Status Bundesrat:Beraten
Zusammenfassung

Diese Zusammenfassung wurde mit GPT4 auf Basis des Gesetzentwurfs erstellt.

Basisinformationen: Das wesentliche Ziel des Gesetzentwurfs ist die Umsetzung der Richtlinie (EU) 2017/541 zur Terrorismusbekämpfung in deutsches Recht. Die Lösung besteht in der Änderung der §§ 89a und 89c StGB, um die Definition terroristischer Straftaten zu präzisieren, das Reisen zu terroristischen Zwecken unter Strafe zu stellen und die Vorschriften zur Terrorismusfinanzierung zu erweitern. Der Entwurf kommt von der Bundesregierung und das Bundesministerium der Justiz ist federführend zuständig. 
 
Hintergrund: Hintergrund des Entwurfs ist die Notwendigkeit, die Richtlinie (EU) 2017/541, die auf den sich rasch wandelnden Charakter terroristischer Bedrohungen reagiert, in deutsches Recht umzusetzen. Es wurden Defizite in der Umsetzung der Richtlinie durch die Europäische Union gerügt, was die Eilbedürftigkeit des Entwurfs erklärt. 
 
Kosten: Für den Bundeshaushalt entstehen Kosten in Höhe von ungefähr 300.000 Euro pro Jahr für zusätzliche Personalmittel beim Generalbundesanwalt. Die Länder haben einen prognostizierten Erstattungsanspruch gegen den Bund in Höhe von bis zu 530.000 Euro. Der Mehrbedarf an Personalmitteln bei den Ländern beläuft sich auf bis zu 36.000 Euro pro Jahr und weitere mögliche Mehrausgaben von 67.000 Euro pro Jahr aufgrund des Anstiegs der Strafvollzugskosten. Einnahmen sind nicht angegeben. 
 
Inkrafttreten: Keine Angaben. 
 
Sonstiges: Der Gesetzentwurf ist besonders eilbedürftig, da die Europäische Kommission bereits ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet hat. 
 
Maßnahmen 
 
1. Erweiterung des Terrorismusbegriffs: 
- Einführung des Begriffs der terroristischen Straftat als Ersatz für den Begriff der schweren staatsgefährdenden Gewalttat. 
- Erweiterung des Straftatenkatalogs (§ 89a Absatz 1 StGB) um gefährliche Körperverletzung (§ 224 StGB), Vorbereitung von Explosions- oder Strahlungsverbrechen (§ 310 StGB), unerlaubter Umgang mit radioaktiven Stoffen (§ 328 StGB), und weitere. 
 
2. Strafbarkeit des Versuchs und spezifischer Handlungen: 
- Strafbarkeit des Versuchs der Vorbereitung und Durchführung terroristischer Straftaten (§ 89a Absatz 2a StGB). 
- Einführen der Strafbarkeit von Handlungen, die im Vorfeld terroristischer Aktivitäten liegen (z.B. Ausreise zur Teilnahme an terroristischen Aktivitäten oder Ausbildung). 
 
3. Finanzierung terroristischer Aktivitäten: 
- Erweiterung der Strafbarkeit für die Finanzierung terroristischer Handlungen, einschließlich der Vorbereitungstatbestände (§ 89c Absatz 1 und 2 StGB). 
- Differenzierung des Strafrahmens zwischen direkter und indirekter Terrorismusfinanzierung. 
 
4. Anpassungen beim Umgang mit Waffen und gefährlichen Stoffen: 
- Erweiterung des Handlungsverbots auf das Unterweisen oder Sich-unterweisen-Lassen im Umgang mit Waffen und gefährlichen Stoffen (§ 89a Absatz 2 Nummer 1 StGB). 
- Einführung von neuen strafbaren Vorbereitungshandlungen, wie Beförderung, Forschung zur Herstellung von Atomwaffen, biologischen und chemischen Waffen. 
 
5. Strafbarkeit von Aus- und Einreisen in terroristischer Absicht: 
- Umfassende Regelung der Strafbarkeit von Ausreisen zur Teilnahme an oder Unterstützung von terroristischen Aktivitäten sowie von Einreisen mit terroristischer Zielsetzung (§ 89a Absatz 2 Nummer 4 und 5 StGB). 
 
6. Stärkung der strafrechtlichen Umsetzung der Terrorismusbekämpfungsrichtlinie: 
- Aufnahme weiterer Tatbestandsvarianten und spezifischer Handlungen in den Straftatenkatalog (§§ 89a und 89b StGB). 
- Anpassung der Finanzierung und Vorbereitung terroristischer Handlungen an die Vorgaben der EU-Richtlinie. 
 
7. Einführung des Anwerbeverbots: 
- Strafbarkeit des Anwerbens zu terroristischen Straftaten, inklusive der versuchten Anstiftung zu terroristischen Straftaten (§ 89a Absatz 2b StGB). 
 
8. Telekommunikationsüberwachung: 
- Klarstellung, dass die materiell-rechtliche Strafbarkeit teilweise erweitert wird, jedoch die Ermittlungsbefugnisse im Bereich der Telekommunikationsüberwachung nicht ausgedehnt werden (§ 100a StPO). 
 
9. Erweiterung der Strafbarkeit im Terrorismusstrafrecht: 
- Einführung einer Strafbarkeit für die versuchte Unterstützung terroristischer Vereinigungen (§ 129a Absatz 5 Satz 3 StGB). 
 
Diese Maßnahmen sollen insbesondere zur besseren Bekämpfung terroristischer Aktivitäten und ihrer Vorbereitung beitragen, durch Spielraumverlängerung der Strafbarkeit und Anpassung an internationale Richtlinien. 
 
Stellungnahmen 
Keine Angaben.

Informationen aus dem Ministerium
Datum erster Entwurf:22.11.2023
Datum Kabinettsbeschluss:08.05.2024
Weiterführende Informationen:Vorhabenseite des Ministeriums

„Der vorliegende Gesetzesentwurf dient der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2017/541 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2017 zur Terrorismusbekämpfung und zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI des Rates und zur Änderung des Beschlusses 2005/671/JI des Rates (ABl. L 88 vom 31.3.2017, S. 6) (im Folgenden: Richtlinie Terrorismusbekämpfung).  
 
Zur Umsetzung der Richtlinienvorgaben werden schwerpunktmäßig die §§ 89a und 89c StGB geändert.“

Beratungsverlauf im Bundestag
Eingang im Bundestag:17.06.2024
Erste Beratung:27.06.2024
Drucksache:20/11848 (PDF-Download)
Plenarsitzungen:Aufzeichnungen und Dokumente
Ausschusssitzungen

Die Daten wurden mit GPT4 ermittelt und können Fehler enthalten. Im Zweifel bitte die verlinkten Dokumente prüfen.

AusschussSitzungsdatumTagesordnung (PDF)
Rechtsausschuss03.07.2024Anhörungsbeschluss
Rechtsausschuss23.09.2024Anhörung
Anhörung der Sachverständigen

Diese Zusammenfassung wurde mit GPT4 auf Basis des Artikels auf bundestag.de erstellt.

Die Anhörung fand am 22.09.2024 im Ausschuss für Recht statt.

Sachverständige diskutieren über Terrorismusbekämpfung 
Katharina Beckemper von der Universität Leipzig, eingeladen von der SPD-Fraktion, sagte in ihrem Einführungsstatement, der Entwurf sei „richtig gut“ und käme zur rechten Zeit. Der deutsche Gesetzgeber habe auf die Mahnung der EU reagiert, „aber nicht immer und an allen Stellen elegant“. Der Entwurf entspreche den Vorgaben des europäischen Rechts. Allerdings werde die Versuchsstrafbarkeit sehr weit nach vorn gedehnt. Man müsse sich fragen, ob Deutschland dabei nicht zu weit nach vorne gehe und unter der Hand das sogenannte Feindstrafrecht einführen könne. Dabei würden strafprozessuale Grundrechte missachtet. So weit sei es aber noch nicht.

Anneke Petzsche von der Humboldt-Universität zu Berlin, eingeladen von der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen, begrüßte die im Entwurf enthaltenen terminologischen Klarstellungen und tatbestandlichen Umstrukturierungen. Darüber hinaus seien die im Zentrum der Reform stehenden Normen des Terrorismusstrafrechts aufgrund ihrer erheblichen Vorverlagerung kritisch zu sehen. Eine erneute Erweiterung müsse sich an rechtsstaatlichen Grundsätzen messen lassen. Soweit sich aus der Richtlinie europarechtliche Verpflichtungen ergäben, seien diese - bis auf äußerste Randbereiche, in denen es zu unhaltbaren Friktionen mit dem nationalen Recht kommt - zu erfüllen. Erweiterungen, die über die europäischen Vorgaben hinausgehen, sollten auf ihren europarechtlichen Kern zurückgeführt werden.

Arndt Sinn von der Universität Osnabrück, eingeladen von der CDU/CSU-Fraktion, erklärte, der Regierungsentwurf nehme das Ziel der Terrorismusbekämpfungsrichtlinie auf, einer sich rasch wandelnden Bedrohungslage gerecht zu werden. Bei der Umsetzung halte sich der Regierungsentwurf überwiegend an die europarechtlichen Vorgaben. Einige der geplanten Änderungen seien jedoch nicht unionsrechtlich determiniert, weshalb von ihnen abgesehen werden sollte. Bei einer verfassungskonform restriktiven Auslegung gebe es bei den durch die Richtlinie vorgegebenen Änderungen kein Bruch mit der deutschen Verfassungsidentität. Zudem sollte nochmals überlegt werden, ob an der bestehenden Regelungsstruktur des Paragrafen 89a - wie es der Regierungsentwurf vorsieht - festgehalten werden soll. Vorzugswürdig wäre eine Regelung, die sich an der Struktur der Richtlinie orientiert.

Mark A. Zöller von der Ludwig-Maximilians-Universität München, eingeladen von der FDP-Fraktion, erklärte im Fazit seiner Stellungnahme, dass entscheidende Fehler für die Ausgestaltung des deutschen Terrorismusstrafrechts bereits vor dem Jahr 2017 bei der Aushandlung der EU-Richtlinie zur Terrorismusbekämpfung gemacht wurden. Damals habe man eine viel zu weite Verlagerung der Strafbarkeit in das bloße Vorfeld terroristisch motivierter Verhaltensweisen mitgetragen, deren Realisierung zu massiven Verwerfungen mit dem deutschen Strafrechtssystem führt. Im Ergebnis sei damit der Entscheidungsspielraum des deutschen Gesetzgebers durch zwingende europarechtliche Vorgaben erheblich eingeschränkt.

Stefan Conen, Rechtsanwalt, eingeladen von der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen, sprach davon, dass die Stellungnahmen der Sachverständigen durchzogen seien von der Skepsis, ob die Grundlagen des Strafrechts mit diesem Gesetzentwurf nicht überschritten würden. Diese Diskussion könne aber nicht national geführt werden, weil es sich um zwingende europäische Vorgaben handele und dem Gesetzgeber ganz wenig Spielraum bei der Umsetzung bleibe. Es sei das Bemühen erkennbar, mit dem Entwurf weitgehend nicht über die zwingenden europarechtlichen Vorgaben hinauszugehen und ihn auf Strafbarkeiten auszuweiten. Trotzdem gehe er teilweise über die Richtlinie hinaus. Präventiv ausgerichtetes Polizeirecht dürfe nicht in repressives Strafrecht umgewandelt werden. Insofern sollte an keiner Stelle über das Notwendige bei der Umsetzung hinausgegangen werden.

Dirk Peglow, Bundesvorsitzender Bund Deutscher Kriminalbeamter, eingeladen von der SPD-Fraktion, findet sich in dem Entwurf eine Vielzahl von Regelungen, die geeignet seien, bisherige Lücken im Bereich der Strafverfolgung zu schließen und eine noch effektivere Verfolgung des Terrorismus zu ermöglichen. Im Einzelnen begrüßte Peglow unter anderem, dass der Katalog der terroristischen Straftaten präzisiert und auch erweitert worden sei. Zudem erscheine es sachgerecht, die bislang nur teilweise gegebene Strafbarkeit von Versuchshandlungen auf alle Tatbestandsalternativen auszudehnen. Sie ermögliche es, eine Vielzahl von Vorfeldaktivitäten nunmehr als Straftaten zu verfolgen.

Alexander Poitz, Stellvertretender Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, eingeladen von der SPD-Fraktion, erklärte, mit dem Entwurf werde gesetzgeberischer Handlungsbedarf erkannt. Angesichts der europaweit andauernden herausfordernden Sicherheitslage sei es aber auch notwendig, dass die Polizei und Sicherheitsbehörden personell gestärkt und mit wirksamen Befugnissen im Kampf gegen den Terrorismus ausgestattet werden. Auch Poitz zufolge sind vor allem die Paragrafen 89a und 89c geboten, um die Richtlinienvorgaben in nationales Recht umzusetzen. Stärker bekämpft werden müsse aber auch die Terrorismusfinanzierung.

Wolfram Nettersheim, Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof, eingeladen von der CDU/CSU-Fraktion, sprach sich in seiner schriftlichen Stellungnahme eindeutig für eine Ausweitung der Strafbarkeiten im Terrorismusstrafrecht aus. Das gelte insbesondere für die einheitliche Definition der terroristischen Straftat und die damit einhergehende Vereinheitlichung und Erweiterung der im Entwurf in Bezug genommenen Straftaten. Diese Strafbarkeitserweiterungen könnten aber nur dann zu der von der Richtlinie und dem vorliegenden Entwurf beabsichtigten umfassenderen und effektiveren Verfolgung terroristischer Handlungen führen, wenn auch die Eingriffsermächtigungen der Strafprozessordnung auf die entsprechenden neuen Varianten und Tatbestände erstreckt werden.

Andreas Schmidtke, Richter am Oberlandesgericht Düsseldorf, eingeladen von der CDU/CSU-Fraktion, erklärte, dass der Entwurf die bestehenden und von der Europäischen Kommission im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens bemängelten Umsetzungsdefizite schließe und aus praktischer Sicht uneingeschränkt zu begrüßen sei. Allerdings sollten die vorgeschlagenen Änderungen des Strafgesetzbuches an verschiedenen Stellen noch angepasst werden. Hingegen begegneten die vorgeschlagenen Änderungen der Strafprozessordnung, nach denen insbesondere die Ermittlungsbefugnisse nicht ausgeweitet werden sollen, durchgreifenden Bedenken.

Weitere Informationen zur Anhörung und die Stellungnahme der Sachverständigen (nach Eingang) auf bundestag.de.

Beratungsverlauf im Bundesrat
Gesetztyp:Einspruchsgesetz
Drucksache im BR:240/24
Eingang im Bundesrat:24.05.2024
Erster Durchgang:05.07.2024
Status Bundesrat:Beraten