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Reform des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes

Das Gesetz wurde im Bundestag und im Bundesrat erstmals beraten, der nächste Schritt ist die Beschlussfassung in beiden Parlamenten.
Basics
Offizieller Titel:Zweites Gesetz zur Reform des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes
Initiator:Bundesministerium für Justiz
Status:In der Ausschussberatung
Letzte Änderung:15.05.2024
Drucksache:20/10942 (PDF-Download)
Gesetztyp:Einspruchsgesetz
Zusammenfassung

Diese Zusammenfassung wurde mit GPT4 auf Basis des Gesetzentwurfs erstellt.

Basisinformationen 
 
Das wesentliche Ziel des Gesetzentwurfs ist die Reform des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes (KapMuG), um es als effektives Instrument bei der Bewältigung von Massenverfahren mit kapitalmarktrechtlichem Bezug zu erhalten und dauerhaft zu etablieren. Die Problematik der bestehenden Verfahrensweise liegt in ihrer Komplexität und Langwierigkeit, was dem Ziel einer effektiven Erledigung von Massenverfahren entgegensteht. Die Lösung ist eine grundlegende Reformierung unter Beibehaltung der grundsätzlichen Verfahrensstrukturen, die unter anderem eine Verkürzung des Vorverfahrens, Stärkung des Oberlandesgerichts, Reduzierung der Zahl der Verfahrensbeteiligten und beschleunigte Digitalisierung des Verfahrens anstrebt. Das federführend zuständige Ministerium ist das Bundesministerium der Justiz. 
 
Hintergrund 
 
Der Gesetzentwurf baut auf das bereits seit 2005 bestehende Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz auf und bezieht sich auf die letzte Reform von 2012. Eine Praxisbefragung im Sommer 2019 hat erheblichen Reformbedarf aufgezeigt, vor allem bezüglich der Komplexität und Dauer der Verfahren. Auch besteht ein Zusammenhang mit der UN-Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, speziell dem Nachhaltigkeitsziel 16 zur Schaffung leistungsfähiger, rechenschaftspflichtiger und transparenter Institutionen. 
 
Kosten 
 
Es entstehen keine Kosten für den Bundeshaushalt und die Länder. Einnahmen werden ebenfalls nicht erwartet, und es sind keine weiteren Kosten angeführt. 
 
Inkrafttreten 
 
Es sind keine Angaben zum genauen Datum des Inkrafttretens des Gesetzentwurfs angeführt. Es ist lediglich die Information vorhanden, dass das bisher geltende KapMuG bis zum 31. August 2024 befristet ist, was darauf hindeutet, dass der Entwurf vor diesem Datum in Kraft treten soll. 
 
Sonstiges 
 
Der Gesetzentwurf wurde dem Bundesrat als besonders eilbedürftig zugeleitet, woraus sich eine Dringlichkeit in der Behandlung ableiten lässt. Weiterhin ist der Entwurf im Kontext der Erreichung der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen zu sehen und beinhaltet Punkte zur Beschleunigung und Effizienzsteigerung gerichtlicher Verfahren sowie zur Rechtssicherheit. Eine wiederholte Befristung des Gesetzes ist nicht vorgesehen, da es als dauerhaftes Instrument etabliert werden soll. Eine weitere Evaluierung des Gesetzes ist aufgrund bereits erfolgter Untersuchungen nicht geplant. 
 
Maßnahmen 
- Erweiterung des Anwendungsbereichs des KapMuG für Musterverfahren bei Schadensersatzansprüchen nach Artikel 75 Absatz 8 der MiCA-Verordnung 
- Ermöglichung der teilkollektivierten Rechtsdurchsetzung für die Haftung von Kryptowährungsverwahrern 
- Aufnahme der Angaben zu Kryptowerten aus Kryptowerte-Whitepapern in den Katalog öffentlicher Kapitalmarktinformationen 
- Klärung des selbständigen Nebeneinanders von Verbandsklagen nach dem VDuG und Musterverfahren nach dem KapMuG 
- Anpassung der Feststellungsziele bei Musterverfahrensanträgen an die Definition gemäß § 41 Absatz 1 VDuG 
- Regelung, dass Musterverfahrensanträge in allen Ausgangsverfahren mit entsprechenden Ansprüchen gestellt werden können 
- Einführung eines neuen Absatzes zur Klarstellung der Unabhängigkeit von Verbandsklagen und Musterverfahren 
- Präzisierung des Musterverfahrensantrags im Zusammenhang mit der Erweiterung des Anwendungsbereichs 
- Anpassung der Entscheidungsregelungen und Bekanntmachungserfordernisse für Musterverfahrensanträge 
- Überarbeitung des Musterverfahrensregisters und Einführung einer Verordnungsermächtigung für technische Rahmenbedingungen 
- Reform der Unterbrechungsregelungen im Verfahren bei teilbarer Streitgegenstände 
- Neudefinition der Vorlagevoraussetzungen und Vorlagebeschlüsse an das Oberlandesgericht  
- Neuregelung des Eröffnungsverfahrens und der Bestimmung von Musterklägern durch das Oberlandesgericht 
- Änderungen der Verfahren zur Aussetzung von Ausgangsverfahren, die vom Musterverfahren betroffen sind 
- Anpassung der Beteiligungskriterien im Musterverfahren 
- Modifikation der Erweiterungsmöglichkeiten des Musterverfahrens um weitere Feststellungsziele 
- Detaillierung der Regelungen für die Anmeldung von Ansprüchen zum Musterverfahren 
- Überführung von, bisher im KapMuG geregelten, digitalen Aspekten des Musterverfahrens in die Klageregisterverordnung 
- Einführung von klaren Prozessregeln für das Musterverfahren, betreffend elektronische Aktenführung, Verfahrensvorbereitung und Schriftsatzanforderungen 
- Regelungen für das Rücknahmeverfahren von Klagen, Neubestimmung von Musterklägern und Verfahrensbeendigung 
- Anpassungen in Bezug auf Musterentscheide, insbesondere bei der Bezeichnung von Beteiligten und Kostenentscheidungen 
- Regelungen zum Vergleichsvorschlag im Musterverfahren, Genehmigung und Wirksamkeit von Vergleichen 
- Vorgaben zur Zustellung von Vergleichen und zum Austrittsrecht aus dem Vergleich 
- Normierung des Rechtsbeschwerdeverfahrens, darunter Musterrechtsbeschwerdeführer und Rechtsmittelgegenstände 
- Regelung der differenzierten Kostenerstattung im Rechtsbeschwerdeverfahren 
- Festlegung von Übergangsvorschriften im Zusammenhang mit der Reform des KapMuG 
 
Stellungnahmen 
Keine Angaben.

Informationen aus dem Ministerium
Datum erster Entwurf:28.12.2023
Datum Kabinettsbeschluss:13.03.2024
Weiterführende Informationen:Vorhabenseite des Ministeriums

„Das Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz [...] stellt insbesondere für Ansprüche wegen falscher, irreführender oder unterlassener öffentlicher Kapitalmarktinformation ein besonderes zivilprozessuales Musterverfahren vor den Oberlandesgerichten bereit. Tatsachen- oder Rechtsfragen, die sich in mehreren Individualklageverfahren vor den Landgerichten gleichermaßen stellen, werden hiernach dem Oberlandesgericht vorgelegt und in einem einheitlichen Verfahren verhandelt und entschieden, wenn Parteien in mindestens zehn dieser Individualverfahren dies beantragen. Im Anschluss an den Musterentscheid werden die einzelnen Klageverfahren vor den Landgerichten auf dessen Grundlage zu Ende geführt“

Beratungsverlauf im Bundestag
Eingang im Bundestag:08.04.2024
Erste Beratung:11.04.2024
Drucksache:20/10942 (PDF-Download)
Plenarsitzungen:Aufzeichnungen und Dokumente
Ausschusssitzungen

Die Daten wurden mit GPT4 ermittelt und können Fehler enthalten. Im Zweifel bitte die verlinkten Dokumente prüfen.

AusschussSitzungsdatumTagesordnung (PDF)
Rechtsausschuss10.04.2024Anhörungsbeschluss
Rechtsausschuss15.05.2024Anhörung
Anhörung der Sachverständigen

Diese Zusammenfassung wurde mit GPT4 auf Basis des Artikels auf bundestag.de erstellt.

Die Anhörung fand am 15.05.2024 im Ausschuss für Recht statt.

Neue Regeln für Musterverfahren unterschiedlich bewertet 
Die Anhörung im Bundestag drehte sich um den Gesetzentwurf zur Reform des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes (KapMuG), der darauf abzielt, Schadensersatzansprüche geschädigter Anleger effektiver durchzusetzen und gleichzeitig die Justiz zu entlasten. Hier ist eine Zusammenfassung der Hauptargumente der genannten Sachverständigen: 
 
- Sven Kalisz vom Dachverband Die Deutsche Kreditwirtschaft sprach sich gegen die Entfristung des KapMuG aus, da der Reformvorschlag erhebliche Änderungen beinhalte, die evaluiert werden sollten. Er wies zudem auf Inkonsistenzen zwischen dem KapMuG und dem Verbraucherrechtedurchsetzungsgesetz (VDuG) hin. Er favorisierte eine gemeinsame Evaluierung beider Gesetze. 
 
- Peter A. Gundermann, ein Rechtsanwalt, wandte sich gegen den Vorschlag der Bundesregierung, die Aussetzungspflicht von Verfahren vor Landgerichten zugunsten von Musterverfahren beim Oberlandesgericht abzuschaffen. Er warnte davor, dass ohne die Aussetzungspflicht widersprüchliche Urteile verschiedener Gerichte wahrscheinlicher würden. 
 
- Axel Halfmeier, Professor an der Universität Lüneburg, zweifelte an den Bedenken gegen die Abschaffung der Zwangsbeteiligung an Musterverfahren und verwies auf fehlende empirische Belege dafür, dass eine solche Änderung zu einer Flut von Einzelverfahren führen würde. 
 
- Fabian Richter Reuschle, Richter am Landgericht Stuttgart, und Jens Rathmann, Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Frankfurt am Main, kritisierten die Regelung zu Verjährungsfristen. Sie schlugen vor, die Verjährung in Fällen auszusetzen, wo Geschädigte auf die Entscheidung über die Aufnahme eines Musterverfahrens warten. 
 
- Marc Liebscher von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger und Vertreter der Kläger im Wirecard-Verfahren, hielt die lange Verfahrensdauer für problematisch und sah darin eine Ursache für Justiz- und Staatsverdrossenheit unter Kleinanlegern. 
 
- Olaf Methner, ebenfalls Rechtsanwalt, argumentierte dafür, Ratings und Prüfberichte explizit als relevante Kapitalmarkt-Informationen im Gesetzestext zu verankern, da diese oft in Gerichtsurteilen nicht berücksichtigt würden. 
 
- Klaus Rotter vom Deutschen Anwaltverein schlug vor, eine sofortige Beschwerde ans Oberlandesgericht zu ermöglichen, falls ein Landgericht die Beantragung eines Musterverfahrens ablehnt. Er empfahl auch, Oberlandesgerichten zu gestatten, den Musterkläger während eines laufenden Verfahrens zu ersetzen, um den Verfahrensfortgang zu verbessern. 
 
Die Experten waren unterschiedlicher Meinung über den Reformvorschlag und brachten verschiedene Ansichten bzgl. der Entfristung und Wirksamkeit der Änderungen, der Aussetzungspflicht, der Verjährungsregelungen und der Bewertung von Kapitalmarkt-Informationen zur Sprache. Alle genannten Sachverständigen sind in einem professionellen Kontext mit dem KapMuG verbunden und brachten eigene Vorschläge zur Vereinfachung und Beschleunigung der Verfahren ein.

Beratungsverlauf im Bundesrat
Gesetztyp:Einspruchsgesetz
Drucksache:128/24
Eingang im Bundesrat:15.03.2024
Erster Durchgang:26.04.2024