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Gesetz zum Schutz Minderjähriger bei Auslandsehen

Das Gesetz wurde im Bundesgesetzblatt verkündet, das Gesetzgebungsverfahren ist abgeschlossen.
Basics
Offizieller Titel:Gesetz zum Schutz Minderjähriger bei Auslandsehen
Initiator:Bundesministerium für Justiz
Status:Im Gesetzblatt verkündet (zum Gesetzblatt)
Letzte Änderung:27.06.2024
Drucksache:20/11367 (PDF-Download)
Beschlussempfehlung:20/11659 (PDF-Download)
Gesetztyp:Einspruchsgesetz
Beschluss des Bundesrats:Zugestimmt
Trojanercheck:Scheinbar kein Trojaner
Hinweis:Der Regierungsentwurf wurde als Formulierungshilfe an die Regierungsfraktionen gegeben.
Zusammenfassung

Diese Zusammenfassung wurde mit GPT4 auf Basis des Gesetzentwurfs erstellt.

Basisinformationen 
Das wesentliche Ziel des Gesetzentwurfs ist der Schutz Minderjähriger bei Auslandsehen, insbesondere durch die Regelung der Unwirksamkeit von Ehen, die mit Personen geschlossen wurden, die zum Zeitpunkt der Eheschließung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten. Zusätzlich zu dieser Rechtsfolge sollen Unterhaltsansprüche zum Schutz der minderjährigen Person etabliert werden, sowie die Möglichkeit einer Heilung durch erneute Eheschließung ohne das Erfordernis eines Ehefähigkeitszeugnisses, die rückwirkende Wirkung entfaltet. Der Gesetzentwurf kommt von den Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP. Ein federführendes Ministerium ist nicht explizit genannt, aber es handelt sich um normative Änderungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), daher wäre das Bundesministerium der Justiz zuständig. 
 
Hintergrund 
Der Gesetzentwurf entstand als Reaktion auf einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 1. Februar 2023, welcher eine vorherige Regelung zur Unwirksamkeit von Auslandsehen mit unter 16-Jährigen für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärte. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, bis zum 30. Juni 2024 eine Neuregelung zu schaffen. Der Entwurf bezieht sich auch auf die Ziele der UN-Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung und zielt auf die Förderung der Geschlechtergleichstellung ab. 
 
Kosten 
Für den Bundeshaushalt entstehen keine Kosten. Für die Länder entstehen durch die neu geschaffene Möglichkeit der Heilung zusätzlicher jährlicher Erfüllungsaufwand in Höhe von rund 635 Euro. Für Bürgerinnen und Bürger entstehen jährlicher Erfüllungsaufwand in Höhe von insgesamt 888 Stunden und 84.358 Euro. Durch neu geschaffene Unterhaltsansprüche entstehen im Bereich der Justiz weitere Kosten in Höhe von 13.131 Euro und für die Bürgerinnen und Bürger weitere Kosten in Höhe von 18.375 Euro. 
 
Inkrafttreten 
Das Gesetz soll am 1. Juli 2024 in Kraft treten. 
 
Sonstiges 
Der Gesetzentwurf ist hinsichtlich der Umsetzung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts eilbedürftig, da bis zum 30. Juni 2024 eine Neuregelung geschaffen werden muss. Er bezieht sich auf das Ziel der UN-Agenda 2030, Geschlechtergleichstellung zu erreichen, und trägt zur Ächtung von Minderjährigenehen bei. Des Weiteren wird mit dem Gesetzentwurf eine Rechts- und Verwaltungsvereinfachung angestrebt, indem die Möglichkeit geschaffen wird, unwirksame Minderjährigenehen durch eine bestätigende Eheschließung zu heilen. Keine Angaben. 
 
Maßnahmen 
- Beibehaltung der Regelungen, nach denen Ehen mit Beteiligung einer unter 16 Jahre alten Person unter deutschem Recht unwirksam sind. 
- Ergänzung des § 1305 BGB-E um Unterhaltsansprüche zugunsten der bei der Eheschließung unter 16-jährigen Person und eine Heilungsmöglichkeit nach Erreichen der Volljährigkeit durch erneute Eheschließung. 
- Kodifizierung der Übergangsregelung für unterhaltsrechtliche Fragen bei inländisch unwirksamen Ehen. 
- Erleichterung der Eheschließungsfreiheit für Minderjährige ab Volljährigkeit durch ermöglichte Heilung der Unwirksamkeit einer Ehe. 
- Spezifische Regelungen über die Folgen der Unwirksamkeit einer Ehe und des Unterhaltsanspruchs, einschließlich einer erneuten Eheschließung ohne Ehefähigkeitszeugnis. 
- Deutsche Staatsangehörigkeit als maßgeblich bei doppelter Staatsbürgerschaft und Feststellung der Unwirksamkeit bei unter 16 Jahren geschlossene Ehen im Ausland. 
- Unterhalt für minderjährig Verheiratete nach Trennung, soweit sie unter 16 waren, entsprechend den §§ 1360 bis 1360b BGB, 1361 BGB bei Trennung und §§ 1569 ff. BGB bei seit mindestens drei Jahren Getrenntleben oder gerichtlicher Feststellung der Unwirksamkeit. 
- Fälle der rückwirkenden Wirksamkeit einer Ehe und deren Ausnahmen, wie z. B. bei bestehenden anderweitigen Ehen, Adoptionen, anerkannten Vaterschaften und bereits gerichtlich festgestellter Unwirksamkeit. 
- Regelung zur Vaterschaft bei Kindern aus unwirksamer Ehe und Wahrung bestehender Vaterschaftsverhältnisse trotz rückwirkender Heilung der Ehe. 
- Änderung des Personenstandsgesetzes zur Verfahrenserleichterung bei erneuter Eheschließung zur Heilung unwirksamer Minderjährigenehen. 
- Anpassung des FamFG zur internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte bei Feststellung der Unwirksamkeit von Minderjährigenehen. 
 
Stellungnahmen 
Keine Angaben.

Informationen aus dem Ministerium
Datum erster Entwurf:05.04.2024
Datum Kabinettsbeschluss:08.05.2024
Weiterführende Informationen:Vorhabenseite des Ministeriums

„Das vorgeschlagene Gesetz betrifft Ehen, bei denen eine der beteiligten Personen bei Eheschließung noch nicht 16 Jahre alt war. Solche Ehen sollen in Deutschland auch künftig unwirksam sein - und zwar auch dann, wenn sie im Ausland nach dem dort geltenden Recht wirksam geschlossen wurden. Zum Schutz der Beteiligten sollen ergänzende Regelungen über Unterhaltsansprüche und über die Heilung der unwirksamen Ehe getroffen werden. Eine Neuregelung ist verfassungsrechtlich geboten. Im vergangenen Jahr hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass das Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen aus dem Jahr 2017 mit dem Grundgesetz unvereinbar ist. Das Gericht hat dem Gesetzgeber aufgegeben, bis zum 30. Juni 2024 eine Neuregelung zu treffen.“

Beratungsverlauf im Bundestag
Eingang im Bundestag:14.05.2024
Erste Beratung:16.05.2024
Abstimmung:07.06.2024
Drucksache:20/11367 (PDF-Download)
Beschlussempfehlung:20/11659 (PDF-Download)
Plenarsitzungen:Aufzeichnungen und Dokumente
Ausschusssitzungen

Die Daten wurden mit GPT4 ermittelt und können Fehler enthalten. Im Zweifel bitte die verlinkten Dokumente prüfen.

AusschussSitzungsdatumTagesordnung (PDF)
Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend05.06.2024Änderung
Ergänzung
Rechtsausschuss03.06.2024Anhörung
Rechtsausschuss05.06.2024Tagesordnung
Anhörung der Sachverständigen

Diese Zusammenfassung wurde mit GPT4 auf Basis des Artikels auf bundestag.de erstellt.

Die Anhörung fand am 03.06.2024 im Ausschuss für Recht statt.

Sachverständige uneins zu Gesetzentwurf zu Minderjährigenehe 
In der Anhörung zum Gesetzentwurf zum Schutz Minderjähriger bei Auslandsehen gab es verschiedene Sichtweisen von den anwesenden Sachverständigen, die sowohl die Rechtswissenschaft als auch die Praxis vertraten. Folgend sind die Kernpunkte ihrer Argumentation zusammengefasst: 
 
Gerhard Bangert (Bundesverband der Deutschen Standesbeamtinnen und Standesbeamten, eingeladen von der CDU/CSU-Fraktion) begrüßte den Entwurf prinzipiell, weil er den Vorschlägen des BDS nahekomme. Er bemängelte jedoch, dass der Entwurf in einigen Punkten hinter den Vorschlägen zurückbleibe, insbesondere in der standesamtlichen Praxis. 
 
Rainer Becker (Deutsche Kinderhilfe, eingeladen von der CDU/CSU-Fraktion) erhoffte sich durch den Entwurf eine Rechtssicherheit für den Schutz von Minderjährigen und hob die Heilungsmöglichkeit hervor, kritisierte allerdings auch einige Detailprobleme. 
 
Myria Böhmecke (Terre des Femmes, eingeladen von der SPD-Fraktion) sah Bedarf für weitere Anpassungen, befürwortete aber die Beibehaltung der generellen Nichtigkeit von Ehen mit unter 16-Jährigen im Ausland und lehnte Einzelfallprüfungen ab. 
 
Anatol Dutta (Ludwig-Maximilians-Universität München, eingeladen von der SPD-Fraktion) empfand es als problematisch, dass der Gesetzgeber die Vorstellungen der Familienrechtswissenschaft ignoriere und behauptete, die vorgeschlagene Unwirksamkeitslösung sei ungerecht und nehme den Minderjährigen Schutzrechte. 
 
Sophie Funke (Deutsches Institut für Menschenrechte, eingeladen von Bündnis 90/Die Grünen) unterstützte zwar die Vorlage, konnte dem Entwurf jedoch nicht hinsichtlich der kinderrechtlichen Perspektive zustimmen, und forderte Einzelfallprüfungen und eine stärkere Einbindung der Kinder- und Jugendhilfe. 
 
Beate Naake (Kinderschutzbund Bundesverband, eingeladen von der FDP-Fraktion) unterstütze den Entwurf, da er im Vergleich zur aktuellen Lage deutliche Verbesserungen, wie automatische Unwirksamkeit und Unterhaltsansprüche für Minderjährige, mit sich dedicadamente Weise. 
 
Bettina Heiderhoff (Universität Münster, eingeladen von Bündnis 90/Die Grünen) bemängelte, dass der Entwurf nur Minimalanforderungen erfülle und nicht ausreichend Schutz für die betroffenen Frauen bietet und schlug als Verbesserung drei Alternativen vor. 
 
Katharina Lugani (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, eingeladen von der FDP-Fraktion) warnte davor, den Entwurf in seiner aktuellen Form zu verabschieden, und identifizierte Defizite hinsichtlich des kollisionsrechtlichen Schutzes. 
 
Regina Offer (Deutscher Städtetag, eingeladen von der SPD-Fraktion) sprach sich für die Unwirksamkeitslösung und die geplante Heilungsmöglichkeit nach Erreichen der Volljährigkeit aus und betonte den Schutz minderjähriger Mädchen vor Zwangsehen. 
 
Gregor Thüsing (Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, eingeladen von der CDU/CSU-Fraktion) lobte den Entwurf, weil er den Auftrag des Bundesverfassungsgerichts erfülle und sich positive Schritte abzeichneten, sah aber auch Raum für weitere Verbesserungen. 
 
Die Abgeordneten interessierten sich in ihren Fragen beispielsweise für die praktischen Auswirkungen des Entwurfs, internationale Rechtsprechungsprobleme, die Vor- und Nachteile der Unwirksamkeitslösung sowie Unterhaltsansprüche für minderjährige Ehepartner bzw. deren Kinder. Nach dem Entwurf bleibt die Ehe einer Person unter 16 Jahren nach deutschem Recht unwirksam, wird aber um Unterhaltsansprüche und eine Heilungsmöglichkeit für die unwirksame Ehe ergänzt. Der Rechtsausschuss plante zudem, weitere Schutzmaßnahmen für Minderjährige bei Auslandsehen zu intensivieren.

Beschlussempfehlung
Zusammenfassung der Beschlussempfehlung

Diese Zusammenfassung wurde mit GPT4 auf Basis des Textes des Beschlussempfehlung erstellt.

Beratungsverlauf: 
Die Beschlussempfehlung wurde vom Rechtsausschuss beschlossen. Mitberatende Ausschüsse waren der Ausschuss für Inneres und Heimat sowie der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Falle des Gesetzentwurfs (zu Buchstabe a). Zusätzlich mitberaten haben zum Antrag (zu Buchstabe b) der Ausschuss für Arbeit und Soziales und der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe. 
 
Beschlussempfehlung: 
Die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses lautet, den Gesetzentwurf der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP in geänderter Fassung anzunehmen und den Antrag der Fraktion der CDU/CSU abzulehnen. Dieser Empfehlung haben die Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP zugestimmt, gegen die Stimmen der Fraktion der AfD und der Gruppe Die Linke, bei Stimmenthaltung eines Mitglieds der AfD und Abwesenheit der Gruppe BSW. Zum Antrag der CDU/CSU erfolgte die Ablehnung mit den Stimmen der Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, Die Linke und gegen die Stimmen von CDU/CSU und AfD bei Abwesenheit der Gruppe BSW. Es gibt keinen Entschließungsantrag. 
 
Änderungen: 
Es wurden Änderungen im Gesetzentwurf vorgenommen. Diese betreffen zum Beispiel die Einführung einer Evaluierungsklausel, nach der das Bundesministerium der Justiz innerhalb von drei Jahren die Regelungen überprüft. Die Änderungen beziehen sich auf den ursprünglichen Gesetzentwurf zum Schutz Minderjähriger bei Auslandsehen. Es wird nicht erwähnt, dass sie sich auf andere Gesetze beziehen, daher liegt kein "Trojaner" vor. 
 
Begründung: 
Die Begründungen für die Änderungen zielen darauf ab, den Schutz Minderjähriger bei Auslandsehen zu verbessern, unter anderem durch Unterhaltsansprüche zum Schutz der minderjährigen Person und die Ermöglichung einer Heilungsmöglichkeit der unwirksamen Ehe durch erneute Eheschließung unter Verzicht auf das Ehefähigkeitszeugnis. Zusätzlich bewirkt diese erneute Eheschließung Rückwirkung auf den Tag der unwirksamen Eheschließung. Die Evaluierung wird im Rahmen der Änderungen ebenfalls implementiert. 
 
Statements der Fraktion stars: 
Keine Angaben.

Beratungsverlauf im Bundesrat
Gesetztyp:Einspruchsgesetz
Abstimmung:14.06.2024
Beschluss des Bundesrats:Zugestimmt